Lecture & Film: Luis Buñuel

Kino am Abgrund der Moderne

Luis Buñuel (1900–1983) ist eine Jahrhundertfigur nicht nur des Kinos. Mit UN CHIEN ANDALOU verlieh er dem Surrealismus sein prägendes Gesicht und dem Kino eine neue Dimension. Wie kein zweiter verstand Buñuel das Kino als Kunst einer revolutionären Einbildungskraft und erkundete in seinen Filmen die Abgründe der Moderne zwischen utopischer Hoffnung und säkularer Katastrophe.

In der Reihe führen namhafte Expert:innen aus Europa und den USA in die vielfältigen Facetten von Buñuels Werk ein – von den frühen surrealistischen Arbeiten über die dokumentarischen Filme der 1930er und die Filme in Mexiko bis zu den großen Werken der 1960er. Zum Abschluss der Reihe liegt der Fokus auf Buñuels Filmen der 1970er Jahre.

Still aus CET OBSCUR OBJET DU DÉSIR

Besonderer Dank an den Franz Adickes Stiftungsfonds für die Unterstützung der Reihe.

Donnerstag  01.06.2023

20:00 Uhr

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE

Der diskrete Charme der Bourgeoisie
Frankreich/Spanien 1972. R: Luis Buñuel. D: Fernando Rey, Delphine Seyrig, Stéphane Audran. 102 Min. 35mm. OmeU
French original version with English subtitles
Lecture am 1.6.: Film Surréaliste: The Indiscreet Charm of Disgust - Marie Rebecchi (Aix-en-Provence)
Filmreihe: Lecture & Film

Sechs Personen und eine Vielzahl grotesk scheiternder Verabredungen zum Essen: Mal irrt man sich im Datum, mal wird das Restaurant zum Aufbahren des frisch verstorbenen Eigentümers benötigt. Auf allerhand Traum- und Bewusstseinsebenen spielt Buñuel dabei die hohle Existenz des Großbürgertums durch. In ihrem Vortrag zeichnet Marie Rebecchi die Beziehungen zwischen Ekel, Perversion und Essen im Werk des Regisseurs nach, welche in Buñuels Filmen seit L'ÂGE D'OR (1930) präsent sind und ab den 1960er Jahren, als der Regisseur VIRIDIANA (1961) drehte, verstärkt aufgetreten sind. In den 1970ern wurden die Themen Ekel, Exzess, Perversion und Vergnügen in fatalen Extremen im europäischen Kino immer häufiger: Wie Bertoluccis LAST TANGO IN PARIS (1972) und Marco Ferreris LA GRANDE BOUFFE (1973) arbeitet auch Buñuel in LE DISCRET CHARME DE LA BOURGEOISIE (1972) mit Mitteln der Sublimierung und Ersetzung.

Samstag  03.06.2023

18:00 Uhr

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE

Der diskrete Charme der Bourgeoisie
Frankreich/Spanien 1972. R: Luis Buñuel. D: Fernando Rey, Delphine Seyrig, Stéphane Audran. 102 Min. 35mm. OmeU
French original version with English subtitles
Lecture am 1.6.: Film Surréaliste: The Indiscreet Charm of Disgust - Marie Rebecchi (Aix-en-Provence)
Filmreihe: Lecture & Film

Sechs Personen und eine Vielzahl grotesk scheiternder Verabredungen zum Essen: Mal irrt man sich im Datum, mal wird das Restaurant zum Aufbahren des frisch verstorbenen Eigentümers benötigt. Auf allerhand Traum- und Bewusstseinsebenen spielt Buñuel dabei die hohle Existenz des Großbürgertums durch. In ihrem Vortrag zeichnet Marie Rebecchi die Beziehungen zwischen Ekel, Perversion und Essen im Werk des Regisseurs nach, welche in Buñuels Filmen seit L'ÂGE D'OR (1930) präsent sind und ab den 1960er Jahren, als der Regisseur VIRIDIANA (1961) drehte, verstärkt aufgetreten sind. In den 1970ern wurden die Themen Ekel, Exzess, Perversion und Vergnügen in fatalen Extremen im europäischen Kino immer häufiger: Wie Bertoluccis LAST TANGO IN PARIS (1972) und Marco Ferreris LA GRANDE BOUFFE (1973) arbeitet auch Buñuel in LE DISCRET CHARME DE LA BOURGEOISIE (1972) mit Mitteln der Sublimierung und Ersetzung.

Donnerstag  22.06.2023

20:00 Uhr

TRISTANA

Spanien 1970. R: Luis Buñuel. D: Catherine Deneuve, Fernando Rey, Franco Nero. 100 Min. 35mm. OmeU
French original version with English subtitles
Lecture am 22.6.: TRISTANA: The Impulse of Memory and Reputation – Jordi Xifra (Barcelona)
Filmreihe: Lecture & Film

Die scheue Waise Tristana (Catherine Deneuve) wohnt als Hausmädchen bei Don Lope, einem alternden und eitlen Caballero. Als dieser sie zwingt, seine Mätresse zu werden, leistet Tristana zunächst kaum Widerstand. Doch eines Tages flieht die Frau mit dem jungen Maler Horacio und verlässt ihren einstigen Gönner. „Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass TRISTANA (1970) ein Film ist, der wie ein Schock wirkt. Plötzlich, wenn es so aussieht, als ob der Film auf einen kanonischen Schluss zusteuert, unterbricht Buñuel seine Gleichgültigkeit und lässt den Zuschauer in einem Zustand des Erstaunens zurück, der jedes Gefühl der Sicherheit untergräbt.“ (Jordi Xifra) In seinem Vortrag untersucht Jordi Xifra, die Schlusssequenz des Films und damit verbundene Fragen mit Hilfe von Gilles Deleuzes Konzept des Impuls-Bildes.

Samstag  24.06.2023

17:30 Uhr

TRISTANA

Spanien 1970. R: Luis Buñuel. D: Catherine Deneuve, Fernando Rey, Franco Nero. 100 Min. 35mm. OmeU
French original version with English subtitles
Lecture am 22.6.: TRISTANA: The Impulse of Memory and Reputation – Jordi Xifra (Barcelona)
Filmreihe: Lecture & Film

Die scheue Waise Tristana (Catherine Deneuve) wohnt als Hausmädchen bei Don Lope, einem alternden und eitlen Caballero. Als dieser sie zwingt, seine Mätresse zu werden, leistet Tristana zunächst kaum Widerstand. Doch eines Tages flieht die Frau mit dem jungen Maler Horacio und verlässt ihren einstigen Gönner. „Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass TRISTANA (1970) ein Film ist, der wie ein Schock wirkt. Plötzlich, wenn es so aussieht, als ob der Film auf einen kanonischen Schluss zusteuert, unterbricht Buñuel seine Gleichgültigkeit und lässt den Zuschauer in einem Zustand des Erstaunens zurück, der jedes Gefühl der Sicherheit untergräbt.“ (Jordi Xifra) In seinem Vortrag untersucht Jordi Xifra, die Schlusssequenz des Films und damit verbundene Fragen mit Hilfe von Gilles Deleuzes Konzept des Impuls-Bildes.

Donnerstag  29.06.2023

20:00 Uhr

CET OBSCUR OBJET DU DÉSIR

Dieses obskure Projekt der Begierde
Frankreich/Spanien 1977. R: Luis Buñuel. D: Fernando Rey, Carole Bouquet. 103 Min. 35mm. OmeU
French original version with English subtitles
Lecture: Conchita in CET OBSCUR OBJET DU DÉSIR: A Heroine of Testamentary Dimensions? - Arnaud Duprat (Rennes)
Filmreihe: Lecture & Film

Der Abschlussvortrag der Reihe beschäftigt sich mit Luis Buñuels letztem Film CET OBSCUR OBJET DU DÉSIR (1977). Darin erzählt ein älterer Mann während einer Zugfahrt von seiner unerfüllten Leidenschaft für eine junge Tänzerin. Alle Versuche, diese mit den Verlockungen seines Reichtums für sich zu gewinnen, scheiterten an ihrem Widerstand oder am Zufall. Arnaud Duprat blickt in seinem Vortrag auf die Gestaltung der Titelfigur des Films, Conchita, die sowohl durch karikaturistische als auch surrealistische Elemente geprägt ist. Der Rückbezug auf den Surrealismus, und damit die Anfänge der künstlerischen Arbeit von Luis Buñuel, ermöglicht dabei, den Film durch das Prisma seiner Heldin als ein Werk mit testamentarischer Qualität zu betrachten.