Chris Marker

Im Juli wäre der französische Filmemacher und Katzenliebhaber Chris Marker 100 Jahre alt geworden. Marker kam 1921 als Christian-François Bouche-Villeneuve in Paris zur Welt. Ein Großteil seines Werdegangs liegt im Dunkeln: Der Regisseur suchte stets nach einem spielerischen Umgang mit der eigenen Biografie.

Eine Filmreihe zeigt anlässlich des Jubiläums selten gezeigte Werke, darunter zwei Programme zur Serie L’HÉRITAGE DE LA CHOUETTE. Die Arbeit untersucht den Einfluss der griechischen Antike in der Gegenwart, lässt renommierte Wissenschaftler: innen zu Wort kommen und kombiniert dies mit einer Experimentierfreude im Umgang mit TV-Konventionen.

Zwei frühe Filme geben Einblick in Markers essayistische Herangehensweise: LETTRE DE SIBÉRIE verbindet Bilder aus Sibirien mit Found-Footage-Material und einem selbst-reflexiven Off-Kommentar. In dem visuell beeindruckenden DESCRIPTION D’UN COMBAT reist Marker zwölf Jahre nach Staatsgründung nach Israel und blickt auf die Vergangenheit und Gegenwart der israelischen Gesellschaft.

Am 9. und 10. November wird der Kurator und Marker-Kenner Thomas Tode zu Gast im DFF sein, um in das Werk des Regisseurs einzuführen.

Filmstill aus Description d´un Combat. Mehrere Jungen befinden sich auf einem Boot.

LETTRE DE SIBÉRIE
in Kooperation mit

Bitte beachten Sie folgende Hinweise:

Dienstag  02.11.2021

18:00 Uhr

L’HÉRITAGE DE LA CHOUETTE (Teil 1)

Frankreich 1989. R: Chris Marker. 78 Min. OmU
Filmreihe: Chris Marker

Chris Markers legendäre 13-teilige Fernsehserie über die griechische Antike durfte jahrzehntelang nicht gezeigt werden, da der Auftraggeber Onassis Foundation den Film wegen „Verunglimpfung des Griechentums“ einmottete. Die Serie gilt als unentdecktes, lange verschollenes Meisterwerk, in dem Marker uns vorführt, wie anspruchsvolles Fernsehen gemacht werden kann. Politik und Poetik treffen dort in einzigartiger Weise aufeinander. Aus der griechischen Antike mit ihren Errungenschaften und ihrer Bilderwelt richtet Marker den Blick auf unsere Gegenwart – und unsere Zukunft. Denn „Vergangenheit ist wie Ausland. Es ist keine Frage der Entfernung. Es kommt auf das Überschreiten einer Grenze an.“ Gezeigt werden drei Folgen à jeweils 26 Minuten, erstmals mit deutschen Untertiteln.
1. Symposium, oder Die überlieferten Ideen
2. Die olympische Idee, oder Das imaginäre Griechenland
4. Nostalgie, oder Die unmögliche Wiederkehr

Dienstag  09.11.2021

20:30 Uhr

DESCRIPTION D’UN COMBAT

FR/IL 1961. R: Chris Marker. 58 Min. 35mm. DF
Einführung: Thomas Tode
Filmreihe: Chris Marker

Feinsinniger Essayfilm über den noch jungen Staat Israel. Entworfen als Zeitreise zwischen den Polen des Überlebens, zwischen Utopien und Wundern, zwischen Bootsflüchtlingen und Kibbuz. Mit seinem Kommentar gelingt es Marker, die Bilder zu durchröntgen, abzusuchen nach älteren Schichten, historischen und kinematografischen. So lässt sich das jeweilig Gegenwärtige als Station eines geschichtlichen Prozesses verstehen, lässt sich ein Zustand als Gewordensein wahrnehmen, das scheinbar Fixierte als korrigierbar begreifen. Der bei Kafka entlehnte Titel spielt auf den Kampf zweier Menschen an, der sich als Kampf eines Einzelnen mit sich selbst herausstellt.

Mittwoch  10.11.2021

18:00 Uhr

L’HÉRITAGE DE LA CHOUETTE (Teil 2)

Frankreich 1989. R: Chris Marker. 78 Min. OmU.
Einführung: Thomas Tode
Filmreihe: Chris Marker

Die Eule, das Wahrzeichen Athens, Sinnbild der Weisheit, thront über der 13-teiligen Serie, die das Erbe des alten Griechenlands in der heutigen Welt aufspürt: eine Expedition zu dem neugierigen Forscher Herodot, dem Tragöden Euripides, dem Denker Platon, aber auch in die politische Geschichte des heutigen Griechenlands. Vor allem aber sucht der ehemalige Philosophiestudent Marker nach jenem imaginären Griechenland, das in den Träumen schlummert und die Welt mit großen Ideen bereicherte. Gezeigt werden drei Folgen à jeweils 26 Minuten, erstmals mit deutschen Untertiteln. Außerden wird die jüngst erschienene Publikation Das Erbe der Eule (hgg. von Werner Rappl, Helmut Färber, Thomas Tode) vorgestellt. 10. Mythologie, oder Die Wahrheit der Lüge 11. Misogynie, oder Die Fallen des Verlangens 12. Tragödie, oder Die Illusion des Todes

Mittwoch  17.11.2021

20:30 Uhr

LETTRE DE SIBÉRIE

Frankreich 1957/58. R: Chris Marker. 62 Min. 35mm. OmeU
Filmreihe: Chris Marker

Ein Reisefilm, entstanden unmittelbar nach dem Beginn des „Tauwetters“, als aus dem Westen noch niemand in die Sowjetunion reiste. Ein in der Ich-Form gehaltener Abenteuer-Bericht über eine Expedition in unbekanntes Gebiet jenseits der erforschten Landstriche, zu Goldsuchern, Schamanen und Mammuts im Eis. Ein lyrischer Filmessay, mit dem Marker die Gattung erfindet und erstmals seine eigene charakteristische Erzählweise offenbart. Prägend für viele wurde eine Passage, in der Marker dieselben Bilder dreifach kopiert und so gleichzeitig ganz unterschiedliche Aussagen machen lässt. Diese Szene läutet die vornehmste Aufgabe des essayistischen Kommentars ein, kontroversen Sinn zu erzeugen.
In Kooperation mit dem Institut Francais