Lecture & Film: Věra Chytilová

Zwischen Surrealismus und Subversion: Die Filme von Věra Chytilová

Mit ihren surrealistisch inspirierten, anarchischen Filmkunstwerken gab Věra Chytilová dem Kino in den 1960er Jahren ein neues Gesicht. Die „Lecture & Film“-Reihe Zwischen Surrealismus und Subversion: Die Filme von Věra Chytilová präsentiert die wichtigsten Arbeiten der Regisseurin, gepaart mit Einführungen von Expert:innen.

Am Donnerstag, 10. Februar, spricht Nicole Kandioler (Universität Wien) über CHYTILOVÁ VERSUS FORMAN, ein Dokumentarfilm über Chytilovás Kollegen Miloš Forman, den sie in New York und London während der Dreharbeiten zu RAGTIME besucht. Das Gespräch zwischen Chytilová und dem Regisseur offenbart die Auswirkungen ihrer unterschiedlichen Regie-Biografien: Forman ging nach der Niederschlagung des Prager Frühlings ins Exil, Chytilová blieb dagegen in der Tschechoslowakei.

Natascha Drubek-Meyer (FU Berlin) beschäftigt sich am Donnerstag, 17. Februar, mit KOPYTEM SEM, KOPYTEM TAM. Die Tragikomödie kreist um eine Gruppe von Mitdreißigern, die sich von Party zu Party und diversen sexuellen Abenteuern bewegen, bis einer der Freunde AIDSpositiv diagnostiziert wird. Als eine der ersten Regisseurinnen Osteuropas realisierte Věra Chytilová damit einen Film über das damalige Tabuthema der AIDS-Erkrankung.

Mit freundlicher Unterstützung von
Czech Centre London

In Kooperation mit

     

   

Donnerstag  10.02.2022

20:15 Uhr

CHYTILOVA VERSUS FORMAN

Chytilová versus Forman – Consciousness of Continuity
BE/CSSR 1981. R: Vera Chytilová. Dokumentarfilm. 84 Min. Digital. engl./frz. OF
English/French original version
Lecture: Godard versus CHYTILOVÁ VERSUS FORMAN. Linke Missverständnisse und Filmpolitik; Vortrag von Nicole Kandioler
Filmreihe: Lecture & Film

Der 1969 produzierte Film PRAVDA der Dziga-Vertov-Gruppe (u.a. Jean-Luc Godard und Jean-Henri Roger) entlarvte den latenten Kapitalismus der Imagery des Sozialismus in Bildern des tschechoslowakischen Fernsehens und Arbeiterlebens. Auch Vera Chytilová, die Godard in PRAVDA interviewte, wurde zur Zielscheibe der Kritik, insofern ihr von den Filmemachern eine anti-marxistische (statt einer anti-kommunistischen) Haltung unterstellt wurde. „Chytilová = Zanuck and Paramount“ – so die Formel, mit der Godard seine Kritik in PRAVDA zuspitzt. In ihrem 1981 für das belgische Fernsehen produzierten Film CHYTILOVÁ VERSUS FORMAN vergleicht Chytilová den Verlauf ihrer Karriere mit jener Miloš Formans, der infolge seiner Emigration in die USA nach der Niederschlagung des Prager Frühlings als Hollywood-Regisseur Weltruhm erlangte und zum Zeitpunkt des Filmdrehs gerade mit der Fertigstellung seines für acht Oscars nominierten Films RAGTIME beschäftigt war. In ihrem Film, der gleichzeitig Selbstreflexion und kritische Auseinandersetzung mit ihrem Kollegen ist, stehen grundlegende Fragen des Filmischen wie des Politischen auf dem Prüfstand.
Chytilovás hatte ihren Kollegen Forman in New York und London während der Dreharbeiten zu RAGTIME (1981) besucht. Das Gespräch zwischen ihr und dem Regisseur offenbart die Auswirkungen ihrer unterschiedlichen Regie-Biografien: Forman ging nach der Niederschlagung des Prager Fru¨hlings ins Exil, Chytilová blieb hingegen in der Tschechoslowakei.

Nicole Kandioler ist Assistenzprofessorin für Politik der Medien am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien.

Donnerstag  17.02.2022

20:15 Uhr

KOPYTEM SEM, KOPYTEM TAM

Tainted Horseplay
CSSR 1988, R: Vera Chytilová. D: Tomás Hanák, Milan Steindler, Tereza Kucerová. 137 min. 35mm. OmU
Original version with German subtitles
Lecture: „Einmal hin, einmal her“: Chytilovás Kino am Ende des Sozialismus; Vortrag von Natascha Drubek-Meyer
Filmreihe: Lecture & Film

Wir schreiben das Jahr 1988, die qualvolle Endphase des realen Sozialismus in der westböhmischen Provinz. Eine neurotische Kamera verfolgt Arbeit und Freizeit dreier Männer im spärlichen Schnee des Kurorts Karlsbad. Es stellt sich die Frage: Was kann man in diesem korrupten Dschungel sonst tun, als es miteinander zu treiben? Chytilová liefert eine Satire ihrer Gesellschaft der 80er, die sich unmerklich von einer Komödie in eine Tragödie verwandelt. Bewirkt die Katastrophe eine Reinigung oder bleibt es beim Jammern und Schaudern?
Die Tragikomödie kreist um eine Gruppe von Mitdreißigern, die sich von Party zu Party und diversen sexuellen Abenteuern bewegen, bis einer der Freunde AIDS-positiv diagnostiziert wird. Als eine der ersten Regisseurinnen Osteuropas realisierte Vera Chytilová damit einen Film über das damalige Tabuthema der AIDS-Erkrankung. Das Ende des Films soll damals wie eine Bombe in die ahnungslose Tschechoslowakei eingeschlagen haben, die diesen Film sowohl auf das Moskauer Filmfestival als auch in den Oscar-Wettbewerb schickte.

Natascha Drubek-Meyer lehrt Filmwissenschaft sowie Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Sie ist Chefredakteurin der open-access-Zeitschrift Apparatus (www.apparatusjournal.net), die sich Film- und Medienkulturen in Zentral- und Osteuropa widmet.