Canada on Screen

Filmreihe zum Filmland Kanada, Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2021

Nachdem im vergangenen Jahr der Auftritt des Ehrengastes Kanada aufgeschoben und nur mit wenigen Filmen präsentiert wurde, zeigt das Kino des DFF im Oktober eine umfangreiche Reihe, die das Filmland Kanada vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart mit seinen wichtigsten Stationen präsentiert. Das kanadische Filmschaffen wurde durch das 1939 gegründete National Film Board of Canada international bekannt und entwickelte sich in den 1950er und 1960er Jahren so fort, dass Kanada zu einem der führenden Länder in der Kurzfilmproduktion wurde, insbesondere im Animations- und Dokumentarfilm. In den 1960er Jahren entstand in Québec die Bewegung des Direct Cinema mit Filmen wie POUR LA SUITE DU MONDE. Diese Bewegung legte den Grundstein für eine immer noch florierende Dokumentarfilmszene, die wiederum durch PICTURE OF LIGHT von Peter Mettler im Programm vertreten ist. Auch im Spielfilm brachten die 1960er Jahre eine Art kanadische Nouvelle Vague hervor: À TOUT PRENDRE. Seit den 1970er Jahren begann das Spielfilmschaffen in Kanada sowohl künstlerisch als auch kommerziell zu florieren. Exemplarisch zeigen wir Filme einiger der wichtigsten Regisseure, die repräsentativ verschiedene Themen, Genres, Stile und Sprachen abdecken: Denys Arcands LE DÉCLIN DE L‘EMPIRE AMÉRICAIN, Léa Pools EMPORTE-MOI, Robert Lepages LA FACE CACHÉ DE LA LUNE, Sarah Polleys AWAY FROM HER, Guy Maddins MY WINNIPEG, Denis Côtés CURLING.

In Zusammenarbeit mit „The Maple Movies Festival Tour – Canada on the Book“ präsentiert das Kino des DFF in der Woche der Buchmesse drei aktuelle Verfilmungen kanadischer Literatur: ANTIGONE von Sophie Deraspe, frei nach Sophokles, AN AUDIENCE OF CHAIRS von Deanne Foley, basierend auf dem Roman von Joan Clark sowie die Adaption des Romans von Naomi Fontaine KUESSIPAN, verfilmt von Myriam Verreault.

Darüber hinaus wird die Reihe zu David Cronenberg fortgesetzt mit seinem Frühwerk: SHIVERS, THE BROOD, SCANNERS, STEREO und CRIMES OF THE FUTURE.

Filmstill aus dem Film Kuessipan. Eine Frau steht vor einer Tür und klopft. Hinter ihr stehen ein Mann und zwei Kinder.

Das Projekt ist Teil von Kanadas Kulturprogramm als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2021 und wird unterstützt von Telefilm und dem Canada Council for the Arts.

Einige der Kopien zur Verfügung gestellt vom

Bitte beachten Sie folgende Hinweise:

Freitag  08.10.2021

18:00 Uhr

UN 32 AOÛT SUR TERRE

Der 32. August auf Erden
Kanada 1998. R: Denis Villeneuve. D: Pascale Bussières, Alexis Martin. 88 Min. DCP. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Die 26jährige Simone schläft am Steuer ihres Wagens ein und überlebt wie durch ein Wunder einen schweren Unfall. Entschlossen, ihr Leben zu ändern, gibt sie ihren Job als Model auf und möchte ein Kind bekommen. Simones bester Freund, der Dauerstudent Philippe, soll sie schwängern. Er willigt ein, allerdings unter der Bedingung, dass sie dazu in die Salzwüste von Utah fahren. So landen Simone und Philippe in Salt Lake City, doch damit ist ihre Reise noch lange nicht zu Ende. Denis Villeneuves Spielfilmdebüt ist zugleich existentialistische Komödie und surreales Road Movie. Ein zentrales Thema des Films ist auch die Wahrnehmung von Zeit – am fiktiven 32. August scheint sie stillzustehen.

22:30 Uhr

SCANNERS

Scanners – Ihre Gedanken können töten
Kanada 1981. R: David Cronenberg. D: Jennifer O’Neill, Stephen Lack, Patrick McGoohan. 103 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

Dr. Paul Ruth nimmt Cameron Vale als neuen Patienten auf, welcher von den Gedanken anderer Menschen gequält wird, die er als Stimmen wahrnimmt, denn er ist ein „Scanner“: jemand mit telepathischen Fähigkeiten. Ruth behandelt ihn mit einer Droge. Doch tatsächlich arbeitet er für eine internationale Sicherheitsfirma, für die er nach Scannern sucht, welche dann für diese Firma arbeiten sollen. Es gibt aber auch eine rivalisierende Untergrundorganisation, die das gleiche Ziel verfolgt … Aus dieser Konstellation entwickelt SCANNERS ein dichtes Geflecht aus den Elementen eines Gegenkulturentwurfs und eines Verschwörungsthrillers. Er tut das in einem unterkühlten, sparsamen Stil, der das Unbehagen an den gezeigten Vorgängen unterstreicht.

Samstag  09.10.2021

22:30 Uhr

SHIVERS

Parasiten-Mörder
Kanada 1975. R: David Cronenberg. D: Paul Hampton, Barbara Steele, Lynn Lowry. 87 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

Der Mediziner Dr. Emil Hobbes experimentiert mit Parasiten, die, in Menschenkörper eingepflanzt, durch eine besondere Art der Züchtung die Sensorik in dem jeweiligen Körperteil verbessern sollen. Als erstes lebendes Versuchsobjekt nutzt er seine junge Geliebte. Sie entwickelt daraufhin ein unkontrollierbares sexuelles Verlangen, wodurch sich die Parasiten unter den Einwohner:innen eines gesamten Wohnblocks ausbreiten. Die tödlichen Folgen inszeniert Cronenberg als suggestiv-schockierenden Horror sowie als Karikatur der prüden Sexualmoral seiner Zeit – beides machte den Film zum Gegenstand einer parlamentarischen Debatte in Kanada.

Sonntag  10.10.2021

20:30 Uhr

POUR LA SUITE DU MONDE

Die Mondfalle
Kanada 1963. R: Pierre Perrault, Michel Brault. Dokumentarfilm. 105 Min. Digital. OmeU
Filmreihe: Canada on Screen

POUR LA SUITE DU MONDE ist ein Meilenstein des Cinéma Vérité (oder Cinéma direct). Mit leichtem Equipment und Originalton wird das Leben der Bewohner der Île aux Coudres im St.-Lorenz-Strom in Québec gezeigt. Die Menschen hier führen ein von der Außenwelt weitgehend isoliertes Leben. Perrault und Brault beobachten sie mit der Geduld und Aufmerksamkeit von Ethnologen. Gezeigt werden insbesondere die Vorbereitungen für den nach einer traditionellen Methode vorgenommenen Fang von Tümmlern, einer Methode, die schon vor Jahrzehnten aufgegeben wurde, für den Film aber noch einmal praktiziert wird. Auf diese Weise schillert der Film auch zwischen Dokumentation und Inszenierung.
Produzent/Producer: National Film Board of Canada

Mittwoch  13.10.2021

20:30 Uhr

LE CHAT DANS LE SAC – THE CAT IN THE BAG

The Cat in the Bag
Kanada 1964. R: Gilles Groulx. D: Claude Godbout, Barbara Ulrich. 74 Min. Digital. OmeU
Filmreihe: Canada on Screen

Dieser Debütfilm von Gilles Groulx entstand in weniger als zwei Wochen Drehzeit und mit dem Minimalbudget eines Kurzfilms. Er verswendet dokumentarische Techniken des Cinéma Direct, etwa eine bewegliche 16-mm-Kamera, Direktton und improvisierte Szenen. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein junger Journalist, der sich über seine Stellung in der Gesellschaft klar werden muss und insbesondere auch über seine Situation als Frankokanadier. Seine Frische und Spontaneität machten LE CHAT DANS LE SAC zu einem der Pionierfilme der neuen Welle des kanadischen Films der 1960er Jahre.
Produzent/Producer: National Film Board of Canada

Donnerstag  14.10.2021

18:00 Uhr

KURZE DOKUMENTARFILME

Kurze Dokumentarfilme
CORAL
Kanada 1954. R: Colin Low. 11 Min. Digital. o. D.
LES RAQUETTEURS
Kanada 1958. R: Michel Brault, Gilles Groulx. 15 Min. Digital. o. D.
LONELY BOY
Kanada 1962. R: Wolf Koenig. Roman Kroitor. 27 Min. Digital. OF
MANOUANE RIVER LUMBERJACKS
Kanada 1963. R: Arthur Lamothe. 28 Min. Digital. engl. OF
Filmreihe: Canada on Screen

CORAL schildert die Arbeit eines Cowboys auf einer Ranch in Alberta. LES RAQUETTEURS zeigt ein Fest mit Schneeschuhwettläufen und musikalischen Darbietungen in Sherbrooke, Québec. LONELY BOY ist eine Reportage über den kanadischen Schlagersänger Paul Anka, ein Teenageridol seiner Zeit. Den Filmemachern gelang dabei ein kritisches Porträt der Kulturindustrie und ihres Publikums. MANOUANE RIVER LUMBERJACKS führt die Arbeit der Holzfäller in der Abgeschiedenheit des Nordens Québecs vor Augen. Alle vier Filme sind von zentraler Bedeutung für die spezifische Entwicklung des kanadischen Dokumentarfilms.
Produzent/Producer: National Film Board of Canada

Freitag  15.10.2021

18:00 Uhr

PICTURE OF LIGHT

Kanada/Schweiz 1994. R: Peter Mettler. Dokumentarfilm. 87 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: Canada on Screen

Bei Temperaturen von bis zu -40° unternehmen Peter Mettler und seine Crew eine Reise von Tausenden Kilometern, um im Norden Manitobas, der kanadischen Arktis, die Aurora borealis auf 35-mm-Film einzufangen. In der kleinen Siedlung Churchill quartieren sie sich ein und warten auf klare Nächte und das Nordlicht. In dieser Zeit erfährt man auch einiges über das Leben in der dortigen Abgeschiedenheit und die Legenden der Inuit. Am Ende kann die Aura borealis nur durch technische Tricks sichtbar gemacht werden. In einem Off-Kommentar reflektiert Peter Mettler diese Bedingungen der Dreharbeiten mit. Thema des Films ist so die Beziehung zwischen Natur und Technik.

22:30 Uhr

THE BROOD

Die Brut
Kanada 1979. R: David Cronenberg. D: Oliver Reed, Samantha Eggar, Art Hindle. 91 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

Dr. Hal Raglan leitet eine Klinik bei Toronto, in der er seine „psychoplasmische“ Therapie anwendet: Schwere psychische Krankheiten sollen durch physische Manifestationen am Körper sichtbar gemacht und so geheilt werden. Eine seiner Patientinnen, Nola Carveth, ist voller Hass auf ihre Eltern – sie wurde als Kind von ihrer Mutter misshandelt – und lässt diesen Hass auch an ihrem Mann, von dem sie getrennt lebt, und der gemeinsamen Tochter aus. Dies ist die Ausgangssituation für einen Horrorfilm klassischen Zuschnitts, welcher viele der bekannten Themen Cronenbergs bündelt und darüber hinaus eine intensive Studie familialer Zerwürfnisse liefert. Und darüber hinaus das grandiose Porträt eines zwielichtigen Wissenschaftlers.

Samstag  16.10.2021

20:15 Uhr

LE DÉCLIN DE L’EMPIRE AMÉRICAIN

Der Untergang des amerikanischen Imperiums
Kanada 1986. R: Denys Arcand D: Dominique Michel, Dorothée Berryman, Louise Portal. 101 Min. 35mm. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Denys Arcands Film war der international bis dahin größte kommerzielle Erfolg des frankokanadischen Kinos: Ein Kammerspiel über vier männliche Intellektuelle mittleren Alters, allesamt Geschichtsdozenten an der Universität von Montréal, und vier Frauen, die mit ihnen in Beziehung stehen. Äußerer Rahmen der Handlung ist eine Zusammenkunft der acht in einem Landhaus. Sex spielt in den Gesprächen die Hauptrolle, aber eben nur dort – man sieht ihn nicht. Zwangsläufig geht es dabei aber auch um die gesellschaftliche Befindlichkeit der Mittelschicht, wobei der Titel des Films einen ironischen Akzent setzt.

22:30 Uhr

SCANNERS

Scanners – Ihre Gedanken können töten
Kanada 1981. R: David Cronenberg. D: Jennifer O’Neill, Stephen Lack, Patrick McGoohan. 103 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

Dr. Paul Ruth nimmt Cameron Vale als neuen Patienten auf, welcher von den Gedanken anderer Menschen gequält wird, die er als Stimmen wahrnimmt, denn er ist ein „Scanner“: jemand mit telepathischen Fähigkeiten. Ruth behandelt ihn mit einer Droge. Doch tatsächlich arbeitet er für eine internationale Sicherheitsfirma, für die er nach Scannern sucht, welche dann für diese Firma arbeiten sollen. Es gibt aber auch eine rivalisierende Untergrundorganisation, die das gleiche Ziel verfolgt … Aus dieser Konstellation entwickelt SCANNERS ein dichtes Geflecht aus den Elementen eines Gegenkulturentwurfs und eines Verschwörungsthrillers. Er tut das in einem unterkühlten, sparsamen Stil, der das Unbehagen an den gezeigten Vorgängen unterstreicht.

Sonntag  17.10.2021

18:00 Uhr

LA FACE CACHÉE DE LA LUNE

Die andere Seite des Mondes
Kanada 2003. R: Robert Lepage. D: Robert Lepage, Anne-Marie Cadieux. 105 Min. 35mm. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Robert Lepage dürfte der international renommierteste kanadische Theaterregisseur sein. Er hat aber auch eine Reihe von Filmen realisiert, unter denen LA FACE CACHÉE DE LA LUNE ganz besonderes Interesse verdient. Lepage selbst spielt die beiden männlichen Hauptrollen, zwei recht unterschiedliche Brüder: Der Ältere arbeitet in einem Callcenter und interessiert sich seit seiner Kindheit für Raumfahrt, der jüngere ist ein erfolgreicher Wettermann im Fernsehen. Formal vielschichtig und mit viel Sinn für die Skurrilitäten des Alltags zeichnet Lepage das Porträt eines Unangepassten zwischen höheren Ambitionen und trister Alltagsrealität.

Dienstag  19.10.2021

20:30 Uhr

LÉOLO

Kanada/Frankreich 1992. R: Jean-Claude Lauzon. D: Maxime Collin, Ginette Reno, Julien Guiomar. 107 Min. 35mm. DF (Fassungsänderung!)
Filmreihe: Canada on Screen

Mit LÉOLO drehte Jean-Claude Lauzon einen ungewöhnlichen und berührenden Film über das Erwachsenwerden eines Jungen in einer dysfunktionalen Familie. Der 14jährige Léo lebt mit einer übergewichtigen Mutter, einem einfältigen Vater, einem feigen Bruder, zwei psychisch kranken Schwestern und seinem Großvater in ärmlichen Verhältnissen in Montréal. Um dem realen Leben und der Angst, ebenfalls geisteskrank zu werden, zu entfliehen, träumt er sich in eine Phantasiewelt hinein, in der er Leo Lozone, Sohn eines sizilianischen Bauern, ist. „Ich träume, also bin ich nicht verrückt“, ist das Motto Léolos, und in diesem Sinn schüttet der Film ein ganzes Füllhorn aberwitziger Einfälle aus.
Hinweis: Leider kann der Film nur in der deutschen Fassung gezeigt werden.

Mittwoch  20.10.2021

18:00 Uhr

À TOUT PRENDRE

Alles in allem
Kanada 1963. R: Claude Jutra. D: Claude Jutra, Johanne Harrelle. 99 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: Canada on Screen

À TOUT PRENDRE ist die stark autobiographisch geprägte Geschichte der Liebe eines Fernsehregisseurs zu einem schwarzen, verheirateten Mannequin in Montréal, wobei sich die realen Protagonisten selbst spielen. Sie lernen sich auf einer Party kennen und verlieben sich ineinander; am Schluss beendet der Mann die Beziehung, auch weil er sich seiner eigenen Homosexualität bewusst wird, mit welcher er nicht zurechtkommt. Gefilmt ist das in einem seinerzeit radikal neuartigen Stil, auf 16mm, beweglich und rauh , dabei radikal subjektiv aus der Sicht des Mannes gesehen und mit unvermittelt eingeschobenen Traumszenen.

Donnerstag  21.10.2021

18:00 Uhr

PICKING UP THE PIECES: THE MAKING OF THE WITNESS BLANKET

Kanada 2018. R: Cody Graham, Carey Newman. Dokumentarfilm. 85 Min. DCP. OmeU
Vorfilm: CHILDHOOD DENIED: INDIAN RESIDENTIAL SCHOOLS AND THEIR LEGACIES.
Kanada 2018. 10 Min. Digital. OF
Filmreihe: Canada on Screen

Mehr als ein Jahrhundert lang, bis in die 1990er Jahre hinein, wurden indigenen Familien in Kanada Kinder – insgesamt mehr als 150.000 – weggenommen und fern ihrer Heimat in Internate gesteckt. Das Ziel war ihre komplette Assimilierung in die weiße Mehrheitsgesellschaft. Erst 2008 entschuldigte sich ein kanadischer Premierminister formell dafür. Mit diesen systematischen Verbrechen beschäftigen sich die beiden Filme dieses Programms. Die „Witness Blanket“ ist eine Kunstinstallation von Carey Newman aus Hunderten von Gegenständen aus solchen Internaten. Newman suchte dafür Tausende Betroffene auf; etliche davon lässt er in seinem Film zu Wort kommen.

Freitag  22.10.2021

18:00 Uhr

KUESSIPAN

Kanada 2019. R: Myriam Verreault. D: Yamie Grégoire, Sharon Fontaine-Ishpatao. 117 Min. DCP. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Mikuan und Shaniss sind in einer kleinen indigenen Gemeinde in Québec aufgewachsen, wenngleich mit unterschiedlichen Voraussetzungen: Während Mikuan immer eine liebevolle Familie um sich wusste, war Shaniss’ Kindheit von emotionalen Verletzungen und Entbehrungen geprägt. Dennoch oder gerade deswegen sind die beiden seit jeher unzertrennliche Freundinnen. Aber nunmehr, mit fast 17 Jahren an der Schwelle des Erwachsenwerdens angekommen, will Mikuan ihre Kreativität jenseits des kleinen Orts ausleben und träumt von einem Studium in der Großstadt. Als sie sich obendrein in einen weißen Jungen verliebt, steuert ihre innige Beziehung mit Shaniss auf einen dramatischen Konflikt zu. Mit ihrer Adaption des Romans von Naomi Fontaine gelang Regisseurin Myriam Verreault ein mitreißendes Spielfilmdebüt über Freundschaft und persönliche wie kulturelle Identität.

22:30 Uhr

STEREO

Kanada 1969. R: David Cronenberg. D: Ronald Mlodzik, Iain Ewing, Jack Messinger. 65 Min. 35mm. OF
Am 30.10.: Elektronische Live-Musik: Chinaski
Filmreihe: Canada on Screen

Nach zwei 16-mm-Kurzfilmen war STEREO David Cronenbergs erster langer Film, gedreht mit Hilfe eines Stipendiums im Alleingang – Cronenberg war auch sein eigener Kameramann und Cutter. Zu der Zeit studierte er an der Universität von Toronto, und die gibt auch den modernistisch anmutenden Drehort ab für eine Geschichte, in der eine Gruppe von acht Versuchspersonen einer Gehirnoperation an ihrem Sprachzentrum unterzogen wird, damit sie telepathische Fähigkeiten entwickeln. Sexuelle Beziehungen spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Da kein Geld für O-Ton vorhanden war, verteilte Cronenberg geschickt den Text auf drei Off-Sprecher.

Samstag  23.10.2021

19:30 Uhr

AN AUDIENCE OF CHAIRS

Kanada 2018. R: Deanne Foley. D: Carolina Bartczak, Gord Rand, Edie Inksetter. 93 Min. DCP. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Neufundland im Sommer 1997: Die junge Pianistin Maura MacKenzie verbringt mit ihren Töchtern Bonnie und Brianna die Ferien in Tors Cove, während ihr Mann Duncan als Reporter durch Russland reist. Als Duncan seinen Auslandsaufenthalt unerwartet verlängert und Maura deshalb nicht an einem wichtigen Vorspielen teilnehmen kann, bekommt das provinzielle Idyll erste Risse. Mauras psychischer Zustand verschlechtert sich rapide und sie stürzt schließlich in eine schwere Krise. Der vielfach ausgezeichnete Film besticht durch die sensible Darstellung einer psychischen Erkrankung und liefert ein berührendes Porträt einer seelisch versehrten, doch zugleich unverhofft starken Frau.

22:30 Uhr

CRIMES OF THE FUTURE

Kanada 1970. R: David Cronenberg. D: Ronald Mlodzik, John Lidolt, Tania Zolty. 65 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

CRIMES OF THE FUTURE entstand unter ähnlichen Bedingungen wie STEREO, ist wie dieser von experimentellem Charakter und erzählt ebenfalls eine Science-Fiction-Geschichte über medizinisch-wissenschaftliche Versuche. Viele Millionen von postpubertären Frauen sind an Rouge’s Malady, hervorgerufen durch Kosmetika, gestorben, aber die Krankheit hat sich auch auf Männer übertragen, welche nun merkwürdige physische Veränderungen durchmachen und ebenso merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Hauptfigur des Films ist der Hautarzt Adrian Tripod, der an verschiedenen Institutionen und in verschiedenen Jobs mit der Krankheit und ihren Folgen konfrontiert wird – mit fortschreitend nihilistischen Konsequenzen.

Sonntag  24.10.2021

18:00 Uhr

ANTIGONE

Kanada 2019. R: Sophie Deraspe.D: Nahéma Ricci, Rawad El-Zein.109 Min. DCP. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Nach dem gewaltsamen Tod der Eltern und ihrer Flucht aus Algerien lebt die 16jährige Antigone Hipponomes mit ihren drei Geschwistern und ihrer Großmutter in Québec. Während Antigone sich als exzellente Schülerin erweist, lässt sich ihr Bruder Polynice mit einer Straßengang ein. Bei einer fatalen Begegnung mit der Polizei wird Polynice verhaftet, woraufhin ihm die Abschiebung aus Kanada droht. Überzeugt, dass ihr Bruder in Algerien nicht überleben würde, fasst Antigone einen gleichermaßen kühnen wie gefährlichen Rettungsplan. In freier Anlehnung an die Tragödie von Sophokles schildert Regisseurin Sophie Deraspe das Aufbegehren einer aufopferungs-bereiten Heldin gegen inhumane Verhältnisse. Zu Recht wurde ihre kämpferische Klassiker-Adaption 2019 beim Toronto International Film Festival als Bester kanadischer Film ausgezeichnet.

Dienstag  26.10.2021

20:30 Uhr

EMPORTE-MOI

Emporte-moi – Nimm mich mit
Kanada/Frankreich/Schweiz 1999. R: Léa Pool. D: Karine Vanasse, Pascale Bussières, Miki Manojlovic. 95 Min. 35mm. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Montréal Anfang der 1960er Jahre. Die 13jährige Hanna befindet sich in der Pubertät und träumt vom Erwachsenwerden. Ihr Vater ist Jude und ein erfolgloser Schriftsteller, die Mutter ständig überarbeitet; sie hat einen älteren Bruder und in Laura eine Freundin. Vor allem aber bewundert sie Anna Karina als Nana S. in Jean-Luc Godards Film VIVRE SA VIE, welchen sie in einem Kino gesehen hat. Léa Pools EMPORTE-MOI trägt einige autobiographische Züge und zeigt ein Mädchen, das versucht, seinen eigenen Weg im Leben zu finden – durch allerlei Komplikationen hindurch. Ein Film, der auch durch seine Hauptdarstellerin und seinen Appell an die Kraft der Imagination überzeugt.

Mittwoch  27.10.2021

20:30 Uhr

CURLING

Kanada 2010. R: Denis Côté. D: Emmanuel Bilodeau, Philomène Bilodeau. 92 Min. 35mm. OmeU
Filmreihe: Canada on Screen

In einer Kleinstadt in Québec lebt in einem abgelegenen Haus ein Mann mit seiner zwölfjährigen Tochter ein abgeschiedenes Leben: Über seine Arbeit hinaus vermeidet er soziale Kontakte und schirmt seine Tochter so weit wie möglich von der Außenwelt ab. Allein streift sie ab und zu durch die Felder und Wälder der Umgebung und macht dabei eine Entdeckung, die in der Lage ist, die Beziehung zu ihrem Vater ins Wanken zu bringen. Die karge Winterlandschaft, das realistische Setting und die strenge, nüchterne Bildgestaltung mit ihren langen Einstellungen unterstreichen hier die Atmosphäre des Geheimnisvollen, die bald über allem liegt.

Donnerstag  28.10.2021

18:00 Uhr

KANADISCHE EXPERIMENTALFILME

Freitag  29.10.2021

18:00 Uhr

MY WINNIPEG

Kanada 2007. R: Guy Maddin. Dokumentarfilm. 79 Min. 35mm. Engl. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Es versteht sich von selbst, dass Guy Maddin, der große Exzentriker des kanadischen Films, keine normale Dokumentation über seine Geburts- und Heimatstadt Winnipeg gedreht hat. Vielmehr stellt sich MY WINNIPEG als eine rauschhafte Mischung aus Fakten und Fiktion, aus Realität und Traum, aus Vergangenheit und Gegenwart, aus dokumentarischen und nachgespielten Szenen und aus Ereignissen der Stadtgeschichte und persönlichen Erinnerungen dar. Maddin verwebt all das zu einem traumartigen Bilderfluss und einer Meditation über Wahrheit und Vorstellungen, Erinnerungen und Mythen. Ein Film, in dem auch die Eisenbahn und das Schlafwandeln eine große Rolle spielen.

23:00 Uhr

CRIMES OF THE FUTURE

Kanada 1970. R: David Cronenberg. D: Ronald Mlodzik, John Lidolt, Tania Zolty. 65 Min. 35mm. OF
Filmreihe: Canada on Screen

CRIMES OF THE FUTURE entstand unter ähnlichen Bedingungen wie STEREO, ist wie dieser von experimentellem Charakter und erzählt ebenfalls eine Science-Fiction-Geschichte über medizinisch-wissenschaftliche Versuche. Viele Millionen von postpubertären Frauen sind an Rouge’s Malady, hervorgerufen durch Kosmetika, gestorben, aber die Krankheit hat sich auch auf Männer übertragen, welche nun merkwürdige physische Veränderungen durchmachen und ebenso merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Hauptfigur des Films ist der Hautarzt Adrian Tripod, der an verschiedenen Institutionen und in verschiedenen Jobs mit der Krankheit und ihren Folgen konfrontiert wird – mit fortschreitend nihilistischen Konsequenzen.

Samstag  30.10.2021

22:30 Uhr

STEREO

Kanada 1969. R: David Cronenberg. D: Ronald Mlodzik, Iain Ewing, Jack Messinger. 65 Min. 35mm. OF
Am 30.10.: Elektronische Live-Musik: Chinaski
Filmreihe: Canada on Screen

Nach zwei 16-mm-Kurzfilmen war STEREO David Cronenbergs erster langer Film, gedreht mit Hilfe eines Stipendiums im Alleingang – Cronenberg war auch sein eigener Kameramann und Cutter. Zu der Zeit studierte er an der Universität von Toronto, und die gibt auch den modernistisch anmutenden Drehort ab für eine Geschichte, in der eine Gruppe von acht Versuchspersonen einer Gehirnoperation an ihrem Sprachzentrum unterzogen wird, damit sie telepathische Fähigkeiten entwickeln. Sexuelle Beziehungen spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Da kein Geld für O-Ton vorhanden war, verteilte Cronenberg geschickt den Text auf drei Off-Sprecher.

Sonntag  31.10.2021

18:00 Uhr

AWAY FROM HER

An ihrer Seite
Kanada/Großbritannien/USA 2006. R: Sarah Polley. D: Julie Christie, Gordon Pinsent, Olympia Dukakis. 109 Min. 35mm. OmU
Filmreihe: Canada on Screen

Nach einer Kurzgeschichte von Alice Munro erzählt die Schauspielerin Sarah Polley in ihrem Debüt als Regisseurin von einem alten Ehepaar in Ontario, das seit Jahrzehnten zusammen ist. Nun aber wird die Frau immer vergesslicher, und als bei ihr Alzheimer diagnostiziert wird, kommt sie in ein Heim. Dort nähert sie sich jedoch einem anderen Insassen an. Sarah Polley hat einen menschlich sehr anrührenden Film aus diesem Stoff gemacht: Mit sicherer Hand und genauem Blick für Details inszeniert sie ein vielstimmiges Spiel widerstreitender Gefühle – mit einer gerade in ihrer Zurückhaltung überragenden Julie Christie in der weiblichen Hauptrolle.