Filmblog // Zwischen Ausbeutung und Selbstbestimmung: BLACK MAMBAS dokumentiert den Alltag einer weiblichen Anti-Wilderei-Einheit in Südafrika

Von Naima Wagner

„Black Mambas“ – der Name der Anti-Wilderei-Einheit im südafrikanischen Kruger-Nationalpark lässt vermuten, es handele sich um eine aufregende Tätigkeit, der die nur aus Frauen bestehende Truppe nachgeht. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus: Die Tage und Nächte, die die Frauen am Grenzzaun patrouillieren, sind lang und ereignislos. Doch darin zeigt sich der Erfolg der Einheit – seit sie die Parkgrenzen bewacht, ist die Nashorn-Wilderei stark zurückgegangen. So arbeiten die „Black Mambas“ paradoxerweise an ihrer eigenen Abschaffung: Sind sie erfolgreich, gefährdet das nachlassende Interesse der Öffentlichkeit ihr Weiterbestehen. Dies ist eine von vielen Widersprüchlichkeiten, die Lena Karbes Dokumentarfilm auf subtile Weise offenlegt.

Beeindruckt von den Frauen in militärischer Kleidung, die sich für den Schutz wilder Tiere einsetzen, ist Naledi, eine der Frauen, die das Filmteam über zwei Jahre begleitet hat, vor einem Jahr eine „Black Mamba“ geworden. Hoffnungsvoll ist sie in den Job gestartet, der mehr finanzielle Unabhängigkeit und Perspektiven auf eine bessere berufliche Zukunft versprach, als sie die Frauen in ihrer Familie vor ihr hatten, die in den Minen arbeiteten. Nach einem Jahr ist Naledi ernüchtert: Angesichts der Eintönigkeit und Perspektivlosigkeit der Arbeit stellt sich eine gewisse Enttäuschung bei der jungen Frau ein.

Der Film begleitet die Frauen bei ihren Patrouillen aber auch bei der Ausbildung, die mit militärischem Drill erfolgt. Sogleich fällt auf: Die Ausbilder sind, anders als die „Black Mambas“, männlich – und weiß. Der Gründer der Einheit trägt vor, wie sich die Wilderei in den vergangenen Jahren im Nationalpark zugespitzt hat und wie wichtig ihre Arbeit ist. Irgendwo zwischen Empowerment und einer etwas seltsam anmutenden Vorstellung von „weiblichen Qualitäten“, die die Frauen in die Arbeit einbringen sollen, schien seine Motivation für die Gründung der Frauen-Truppe zu liegen.

Zwischen den Zeilen offenbart sich ein fragwürdiges Rollen- und Machtverständnis, das auch seinen Umgang mit den Frauen bestimmt. Wenn er die Frauen antreten lässt, um seinem bei einem Einsatz getöteten Hundes Respekt zu zollen, oder wenn er in einer Nacht Schüsse abgibt, um das Verhalten der Frauen im Ernstfall zu prüfen, gibt sich etwas zu erkennen, das mehr ist als die Verschrobenheit eines mittelalten, weißen Mannes – hier scheint ein Machtbewusstsein durch, das in den Kolonial- und Apartheidszeiten wurzelt.

Das System, so scheint es, hat sich seitdem noch lange nicht hinreichend gewandelt. So profitiert die Schwarze Bevölkerung, die rund um den Park lebt, nicht angemessen von der Tourismusattraktion. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und die Frauen, die bei der Anti-Wilderei-Einheit arbeiten, müssen mit ihrem Job ihre Familien ernähren. Jeden Monat müssen sie dafür drei Wochen am Stück arbeiten und dafür auch ihre Kinder und Partner verlassen. Der Job eröffnet einen Weg aus der Armut. Doch die Aussicht auf ein selbstbestimmtes Leben erfüllt sich nur bedingt. Im Privaten sehen sich die Frauen als Alleinverdienerinnen mit großer Verantwortung und fordernden Familienmitgliedern konfrontiert.

BLACK MAMBAS porträtiert drei Frauen und zeigt so die verschiedenen Herausforderungen Schwarzer Frauen, die sich zwischen Familie und Beruf aufreiben und entgegen überkommender Rollenvorstellungen und Machtverhältnisse ein selbstbestimmtes Leben zu führen versuchen. Die Stärke des Films liegt darin, die Menschen und Umstände in ihrer Komplexität zu zeigen und dabei Widersprüchlichkeiten nicht aufzulösen. Die zurückhaltende Inszenierung gibt dem Zuschauenden keine Wertung vor, sondern wirft vielmehr Fragen auf – nach dem Leben in postkolonialen Verhältnissen und dem nachhaltigen Empowerment Schwarzer Frauen.

BLACK MAMBAS ist von heute, 17. November 2022, an im Kino zu sehen. Am Freitag, 18. November, ist Lena Karbe mit ihrem Film im Filmklubb in Offenbach zu Gast und am Samstag, 19. November, im Mal Seh’n Kino in Frankfurt.