Filmblog // DEATH OF A LADIES MAN

Von Frauke Haß

 

Ein alter weißer Mann erwischt seine hübsche junge Frau beim Sex mit einem hübschen jungen Mann. Verzweifelt angesichts der abrupten Trennung kommt er bereits angetrunken zu einem Treffen mit seinem Sohn aus erster Ehe, der ihm eröffnet „wahrscheinlich verliebt, definitiv aber schwul zu sein“. Beim anschließenden Eishockey-Spiel des Sohnes werfen Sam verstörende Halluzinationen fast aus der Bahn. Bei einem weiteren Besäufnis mit seinem besten Freund überredet ihn dieser, am nächsten Tag zum Arzt zu gehen – die niederschmetternde Diagnose: Hirntumor, Glioblastom. Riesig. Inoperabel.

Doch Sam bleibt Sam. Während er noch versucht zu verstehen, dass er sehr bald sterben wird, läuft sein Schöne-Frau-Automatismus ab wie aufgezogen. Natürlich lässt die Frau Doktor ihn einfach abperlen. Das scheint Sam auch nicht weiter zu schmerzen. Flirten, das ist eben sein Modus Operandi.

Sam, im wirklichen Leben Literaturprofessor in Montreal, ist oder sieht sich eben gerne als „Ladies Man“. Vielleicht war er das sogar in seiner Jugend. Beim Blick in das verknitterte Gesicht eines Salon-Alkoholikers wird zumindest den Kinobesucher:innen klar, dass der „Ladies Man“ seine besten Zeiten hinter sich hat. Sam selbst (kongenial dargestellt von Gabriel Byrne) muss das erst noch akzeptieren lernen. Mit der Krebsdiagnose im Nacken zieht er sich in ein Häuschen nach Irland zurück, um seinen Traum zu verwirklichen: Endlich ein Buch zu schreiben.

Was klingt, wie eine horrible Klischeegeschichte nach dem Motto: Ehebruch und Krebsdiagnose stürzen alten Mann in eine Lebenskrise und führen ihn zur Läuterung – eines Films also, vor dem man lieber rasend schnell davonlaufen möchte, als sich ihn anzuschauen, ist tatsächlich ein sehr vergnüglicher und humorvoller Film zum – sorry – selben Thema (Ehebruch, Krebs, Krise, Läuterung). Voraussetzung ist, dass man Leonard Cohens Songs nicht zum Davonlaufen findet, denn diese begleiten Sams Weg durch die Krise wie ein laufender Kommentar.

Für das Vergnügen und optische Reize aber sorgen Sams Halluzinationen, die sich das Team um Regisseur Matt Bissonnette sehr amüsant ausgedacht hat, und die am Ende für eine nette Volte sorgen, wenn das Publikum rückblickend versteht, dass es Sams eingebildeter Welt auf den Leim gegangen ist.

DEATH OF A LADIES MAN (CA 2020) ist dabei ein Werk, das einem breit aufgestellten Cast, von Jessica Paré bis Suzanne Clément – viele starke Frauenfiguren bietet, die Sam in interessanten Nebenrollen den Spiegel vorhalten. Besonders bemerkenswert dabei: Karelle Tremblay als Sams No-Bullshit-Tochter Josée.

DEATH OF A LADIES MAN ist gerade angelaufen, in Frankfurt etwa im Cinema.

Spotify-Playlist zum Film