Filmblog // Maximilian Schells Oscar

Maximilian Schells Oscar®

 Wer war Maximilian Schell (*1930 +2014)?

Bereits früh in seiner Karriere wurde Maximilian Schell für JUDGMENT AT NUREMBERG (US 1961, R.: Stanley Kramer) mit dem Academy Award (Oscar®) als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Später wurde er als Schauspieler noch zwei weitere Male nominiert. Mit MARLENE (BRD/FR/CS 1983/84) machte er sich auch als Regisseur einen Namen. Sein Porträt über die legendäre Marlene Dietrich erhielt internationale Preise als bester Dokumentarfilm, unter anderem eine Oscar®-Nominierung. Maximilian Schell galt als Multitalent und erprobte sich in vielen künstlerischen Disziplinen. Er arbeitete als Film- und Theater-Darsteller, Regisseur und Produzent, inszenierte Opern und Musicals, war Konzertpianist, Zeichner, Maler und Sammler moderner Kunst.

Das DFF setzt sich seit vielen Jahren mit dem Werk Maximilian Schells auseinander: Es kuratierte eine umfassende Sonderausstellung, gab eine begleitende Publikation heraus, stellte Schells Arbeit in Filmreihen und Retrospektiven vor und bewahrt seit einem Jahrzehnt Schells künstlerischen Nachlass, der auf seiner breiten Filmografie und seinem vielfältigen künstlerischen Schaffen fußt .

Doch nun erhebt seine Nichte Marie Theres Relin im Buch „Szenen keiner Ehe“, das sie zusammen mit ihrem Ex-Mann Franz-Xaver Kroetz im Oktober 2023 herausgebracht hat,  schwere Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gegen Maximilian Schell. In Folge trat auch seine Tochter Nastassja Schell mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs an die Öffentlichkeit. Schell starb 2014.

Für uns stehen die Vorwürfe und die Strukturen, die möglicherweise Taten wie diese ermöglicht haben, nicht mit den Werten in Einklang, die wir als Institution vertreten. Wir nehmen die gegen Maximilian Schell geäußerten Vorwürfe sehr ernst und distanzieren uns von jeglicher Art von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt.

Die Bewahrung und Verfügbarmachung des deutschsprachigen Filmerbes ist Aufgabe des DFF. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die das Bewahren und Präsentieren von persönlichen Gegenständen und anderen personenbezogenen Exponaten mit sich bringt. Als diejenigen, die sich der Bewahrung und Erschließung seines künstlerischen Nachlasses widmen, stellen wir uns gerade deshalb den Fragen, die mit der Person „Maximilian Schell“ einhergehen: Wie gehen wir als sammelnde und bewahrende Institution mit ambivalenten Personen und Nachlässen um? Wie können wir sicherstellen, unserer Verpflichtung zu einer Öffnung und Aufarbeitung der Materialien nachzukommen, ohne dabei Betroffenen und Opfern zusätzliches Leid zuzufügen? Mit welchen Möglichkeiten können wir selbst Objekte solcher Herkunft zeigen, ohne die künstlerische Arbeit herabzuwürdigen, oder die Menschen unkritisch zu überhöhen?

Den Versuch einer Teilantwort unternehmen wir nun am Beispiel der Oscar®-Statue aus Maximilian Schells Nachlass: In der Ausstellung steht der Filmpreis mehr als ikonisches, weniger als personengebundenes Objekt: Egal wie viele Berührungspunkte die Besucher:innen der Dauerausstellung bisher mit Film hatten – den Oscar® kennen sie alle.

Die Statue erzählt im Lichte der aktuellen Anschuldigungen auch von den möglichen Schattenseiten gefeierter Stars, die selten in der Öffentlichkeit bekannt wurden – in diesem Fall erst viele Jahre nach dem Tod des Beschuldigten. Das DFF will diese komplizierte Geschichte nicht verschweigen, sondern sie verantwortungsvoll aufarbeiten.

Marie Theres Relin wird zitiert mit den Worten, sie wolle Aufmerksamkeit für familiären Missbrauch wecken: „Die Familie ist der gefährlichste Ort für ein Kind, nicht der böse Fremde. Aber Veränderung beginnt da, wo man die Dinge anspricht. Das tue ich jetzt, jetzt habe ich die Kraft.“[1]

Das DFF steht in diesem Sinne für Veränderung, und will auch unangenehme Themen und Fragen ansprechen – um den Weg zu ebnen hin zu einer offenen und kritischen Auseinandersetzung mit seinen Beständen.

 

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[1] Den Namen des Onkels nennt sie in ihrem Buch nicht, auch nicht im Interview mit “Bunte”, wie das Magazin erklärt. Relin sagt im Gespräch mit der Zeitschrift: “Es geht mir nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen. Es geht mir darum, auf den Missbrauch in vielen Familien aufmerksam zu machen, der millionenfach stattfindet. Die Familie ist der gefährlichste Ort für ein Kind, nicht der böse Fremde. Aber Veränderung beginnt da, wo man die Dinge anspricht. Das tue ich jetzt, jetzt habe ich die Kraft.” (Maximilian Schell (†): Tochter erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Vater | GALA.de)