Filmblog // Der neue Film von François Ozon: MON CRIME (Kinostart 6. Juli)

Von Frauke Haß 

 

Wer hätte gedacht, dass es möglich ist, die Me-Too-Debatte im Filmgeschäft auf höchst unterhaltsame Weise aufzuspießen? François Ozon schreckt bei dem sensiblen, hochaktuellen Thema nicht davor zurück, einen Schenkelklopfer-Film dazu zu drehen, der mit hohem Tempo, jeder Menge schrillen Elementen, ebenso bunten wie hübschen Kostümen eine Freude für das Auge und Herz der Kinogeherin ist.

Die junge und erfolglose Schauspielerin Madeleine flieht zu Beginn des Films aus der Villa eines mächtigen Filmproduzenten, nachdem dieser sie sexuell belästigt hat. Kurz darauf – wir befinden uns im Paris der 1930er Jahre – wird der Mann tot in seinem Haus aufgefunden. Als die Polizei Madeleine unter dringendem Tatverdacht festnehmen will, rät ihre Freundin und Mitbewohnerin, die Anwältin Pauline, ihr, sich schuldig zu bekennen. Denn was macht einen schlagartig bekannter als ein Mordprozess? Wo kann eine junge Schauspielerin ihre darstellerischen Fähigkeiten eher unter Beweis stellen? Eben!

Die Saat geht auf: Madeleine wird schlagartig zur nationalen Berühmtheit und erhält Filmangebot über Filmangebot. Als Pauline mit einer spektakulär in Szene gesetzten Verteidigungsstrategie (Notwehr!) auch noch ihren Freispruch erreicht, ist Madeleine ein Star. Der Prozess wird zum Fanal gegen die Arroganz der Männerwelt, zumal im Filmbusiness, wo mächtige Produzenten und Regisseure ihren sexuellen Appetit jederzeit meinen, stillen zu dürfen – ob mit oder ohne Einverständnis der jeweiligen Frauen.

Madeleine schwebt wenige Wochen im siebten Himmel der gipfelnden Schauspielkarriere, als plötzlich eine alternde Schauspielerin – ein ehemaliger Stummfilmstar – in ihrer nagelneuen Villa auftaucht und ihr die Tötung des Filmproduzenten abspenstig machen will („MON CRIME!“). Diese von Isabelle Huppert herrlich grässlich verkörperte schrille Diva ist ein Höhepunkt der zweiten Hälfte des Films. Der alternde und – beinahe – vergessene Star zeigt der jungen Generation, was Selbstermächtigung und Empowerment – und ganz nebenbei auch Selbstverteidigung – in Wirklichkeit bedeutet. Man könnte auch sagen: Sie zeigt der jungen Kollegin, was eine Harke ist.

Die beiden jungen Schauspielerinnen Nadia Tereszkiewicz als Madeleine Verdier und Rebecca Marder als Pauline Mauléon sind eine zauberhafte Entdeckung für das komödiantische Fach, angenehm ergänzt durch den Veteranen Dany Boon, der hier, sehr vergnüglich anzusehen, den väterlichen Freund gibt, der am Ende für das perfekte Happy End sorgt. Ein Kinospaß mit Aktualitäts-Docking-Station, der den Weg dafür bahnt, im Anschluss an den Kinobesuch in der Bar die Geschlechterfrage mit einem fundamentalen Schmunzeln zu debattieren.