Hollywoods Ökosystem in Gefahr!

Das Internet durchdringt alle Lebensbereiche. Es birgt großes Potential und vereinfacht das alltägliche Leben. Doch wo so viel Optimismus herrscht, ist der Pessimismus meist nicht fern: Print ist tot, Zeitungsabos gehen zurück – Nachrichten werden heute online gelesen. Vor allem für Künstler/innen bedeutet die Viralität des Internets Segen und Fluch gleichermaßen. Segen für die gigantischen Möglichkeiten in der massenhaften Verbreitung, Fluch wegen des Kontrollverlusts und der letztlich geringen Honorierung ihrer Arbeit. Deutlich wird dies unter anderem in der Online-Verbreitung von Audio-Dateien. Jede/r hat Zugang zu fast allen musikalischen Stücken – und zwar oftmals gratis oder mit nur sehr geringem Kostenaufwand, verglichen etwa mit dem Kauf eines Albums im CD-Format. Spotify gilt als beliebteste Plattform für Musik und Hörbücher. Das Spotify des bewegten Bildes heißt Netflix. „Net“ steht für Internet und „Flix“ für den amerikanischen umgangssprachlichen Begriff „Flicks“ für Filme. Der Streamingdienst hat sich längst zum Branchenprimus gemausert und macht Hollywood Konkurrenz. Mit Netflix lag erstmals ein Streamingdienst bei der Gesamtzahl der Emmy-Nominierungen vor fast zwei Wochen ganz vorne. Netflix agiert nicht nur als Filmverleih für Privatleute, sondern auch als Produzent. Mehr als die Hälfte seiner Inhalte produziert Netflix selbst, darunter bekannte Serien, wie HOUSE OF CARDS. Als Konsequenz des ambitionierten Produzierens werden in Zukunft zahlreiche Filme ohne Kinoverwendung direkt gestreamt. Tagesschau.de spricht von einem „Wandel des Kinos“ und schreibt: „Passionierte Kinogänger müssen sich daran gewöhnen, auf Filme zu verzichten, oder ein Netflix-Abo abzuschließen.“

Unter den Filmemacher/innen gehen die moralischen Ansprüche auseinander. Während Martin Scorsese längst für Netflix produziert, verkündete Christopher Nolan, dass eine Zusammenarbeit mit Netflix für ihn niemals in Frage käme. Auch in Cannes wurden kritische Stimmen laut. Festivalleiter Thierry Frémaux beschloss, dass Wettbewerbsfilme vor dem Streaming in französischen Kinos laufen müssen. Zwischen Vorführung und Streaming müssen außerdem drei Jahre liegen. Die Reaktion von Netflix: Boykott.

Festzuhalten ist: Streaming, zu Hause oder unterwegs, auf dem Laptop, Tablet oder gar dem Smartphone kommt dem Erleben der filmischen Ästhetik im Kino noch nicht einmal ansatzweise nahe. Von einem „Wandel des Kinos“ per se kann also nicht gesprochen werden. Was Hollywoods Ökonomie betrifft: Hier bleibt es spannend.

 

Bildquelle: The Guardian

Quellen:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diginomics/ueberleben-die-kinos-den-aufstieg-von-netflix-co-15693329.html

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/netflix-cannes-101.html

Von Anne Kerleau

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