Africa Alive

Die 29. Ausgabe des Festivals Africa Alive präsentiert vom 1. bis 25. Februar das Filmschaffen des afrikanischen Kontinents mit Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen. Neben dem Filmprogramm im Kino des DFF und im Filmforum Höchst finden auch eine Lesung, ein Kinderfest und ein Konzert statt.

Ein besonderer Fokus der diesjährigen Festivalausgabe liegt auf der Retrospektive des Werks von Djibril Diop Mambéty anlässlich des 50. Jubiläums seines Kultfilms TOUKI BOUKI (1973), der wegweisend für das afrikanische Kino war. Der zweite Schwerpunkt des Festivals ist Afrofuturismus: Ursprünglich eine popkulturelle Strömung der afroamerikanischen Diaspora, fragt die künstlerische Bewegung nach dem Zustand der Welt in der Zukunft und entwirft Utopien. Wie jedes Jahr präsentiert Africa Alive auch aktuelle Filme.

Retrospektive Djibril Diop Mambéty

Ein besonderer Fokus der diesjährigen Festivalausgabe liegt auf der Retrospektive des Werks von Djibril Diop Mambéty anlässlich des 50. Jubiläums seines Kultfilms TOUKI BOUKI (1973), der wegweisend für das afrikanische Kino war. Insgesamt sieben Filme realisierte der senegalesische Filmemacher, Schauspieler, Redner, Komponist und Dichter (1945 – 1998). Bei Africa Alive ist nun sein komplettes filmisches OEuvre zu sehen, das in restaurierter Form vorliegt. Als Gäste sind Mambétys Sohn Teemour und die Filmwissenschaftlerin Léthicia O. Ngou-Milama eingeladen.

Abgesehen von seiner Schauspielausbildung am Nationalen Daniel-Aorano-Theater in Dakar absolvierte Mambéty keine formale Ausbildung als Filmemacher. Vor seinem ersten abendfüllenden Spielfilm TOUKI BOUKI drehte er zwei Kurzfilme, die bereits seinen späteren Stil in sich tragen: CONTRAS’ CITY (1965) wirft einen Blick auf Dakar und die Spuren, die das koloniale Erbe in der Architektur der Stadt hinterlassen hat. BADOU BOY (1969) erzählt von einem jungen Mann, der mit dem Bus auf den Straßen von Dakar unterwegs ist und von einem übergewichtigen Polizisten verfolgt wird.

Für seine unkonventionelle Filmtechnik und Erzählweise in TOUKI BOUKI (1973) erhielt der Regisseur internationale Anerkennung und den Kritikerpreis in Cannes. Obwohl er experimenteller arbeitete als andere Filmemacher:innen aus Afrika in dieser Zeit, nutzte auch Mambéty das Medium Film, um die politischen und sozialen Bedingungen in Afrika zu reflektieren. TOUKI BOUKI erzählt von Anta und Mory, zwei junge Menschen aus Dakar, die davon träumen, das Land zu verlassen und nach Paris zu reisen.

Es dauerte fast 20 Jahre bis er seinen nächsten langen Spielfilm realisierte. HYÈNES (1992) ist Mambétys zweiter Teil seiner unvollendeten Trilogie über Kolonialismus und Konsumismus. In dem Film überträgt er Friedrich Dürrenmatts Der Besuch der alten Dame kongenial auf den afrikanischen Kontext. Der mittellange Film LE FRANC (1994) ist der erste Teil von Mambétys ebenfalls unvollendet gebliebener Trilogie der „Geschichten der kleinen Leute“. Darin hofft ein Musiker auf einen Lottogewinn, um sein gepfändetes Musikinstrument auszulösen. LA PETITE VENDEUSE DE SOLEIL (1999) erzählt von der Freundschaft und dem Mut der Straßenkinder von Dakar.

Neben Mambétys Werk werden auch zwei Filme seiner Nichte gezeigt, der Regisseurin Mati Diop: der mittellange Film MILLE SOLEILS (2013), der den Hauptdarsteller aus TOUKI BOUKI bei der Suche nach seiner Partnerin bis nach Alaska begleitet, sowie Diops erster Langfilm, die Liebes- und Geistergeschichte ATLANTIQUE (2020), in der Arbeiter 4 5 einer Baustelle Senegal über das Meer verlassen, um in eine bessere Zukunft zu reisen.

Ebenfalls zu sehen ist AMANSA TIAFI (2021, R: Kofi Ofosu-Yeboah), in dem ein Pärchen einen Roadtrip durch Ghana unternimmt, um alte Rechnungen zu begleichen. Sie erinnern an Anta und Mory, den Protagonist:innen aus TOUKI BOUKI. Auf ihrem Weg begegnen sie korrupten Politiker:innen und Gerichten, zwielichtigen Kunsthändler:innen und den Überbleibseln des Kolonialismus.

Afrofuturismus

Afrofuturismus ist der zweite Schwerpunkt des Festivals. Ursprünglich eine popkulturelle Strömung der afroamerikanischen Diaspora, fragt die künstlerische Bewegung nach dem Zustand der Welt in der Zukunft und entwirft Utopien. Wichtige Figuren, die afrofuturistische Künstler:innen bis heute inspirieren, sind die afroamerikanische Science-Fiction- Autorin Octavia E. Butler und der Jazzmusiker Sun Ra. Dieser drehte 1974 den Film SPACE IS THE PLACE, in dem er mit seinem Orchester auf einem anderen Planeten landet. NEPTUNE FROST (2022), ein queeres Sci-Fi-Punk-Musical des multidisziplinären Künstlers Saul Williams, lässt seine afrofuturistische Vision in den Hügeln von Burundi stattfinden, wo eine Gruppe entkommener Bergleute ein antikolonialistisches Hacker-Kollektiv bildet. Von einer überirdisch wirkenden Elektroschrott-Müllhalde aus versuchen sie, das autoritäre Regime zu stürzen. Weitere Kurzfilme ergänzen das Programm.

Aktuelle Filme

In Kooperation mit dem Friedrichsdorfer Institut für Nachhaltigkeit ist der Dokumentarfilm MARCHER SUR L’EAU (2021, R: Aïssa Maïga) zu sehen. Im Zentrum des Films steht das Dorf Tatiste im Norden des Niger, wo der Klimawandel und die Suche nach Trinkwasser bitterer Alltag ist. NOSSA SENHORA DA LOJA DO CHINÊS (2022, R: Ery Claver) entwirft in drei Kapiteln und einem Prolog eine fragmentierte, surreale Geschichte, die von einer frustrierten angolanischen Gesellschaft zeugt. In LA NUIT DES ROIS (2020, R: Philippe Lacôte) muss der Neuankömmling in einem berüchtigten Knast der Elfenbeinküste eine Nacht lang Geschichten à la Tausendundeine Nacht erzählen. FATHER’S DAY (2022, R: Kivu Ruhorahoza) verwebt kunstvoll drei Familiengeschichten im heutigen Ruanda und erzählt von verschiedenen Facetten der Elternschaft, des Verlusts und weiblicher Selbstbehauptung in einer patriarchalen Gesellschaft. LE BLEU DU CAFTAN (2022, R: Maryam Touzani) spielt in einer traditionellen Schneiderei, in der Medina von Salé in Marokko. Als ein junger Lehrling eingestellt wird, bemerkt Mina, wie sehr sich ihr Ehemann Halim zu dem jungen Mann hingezogen fühlt. In AL-SADD (2022) erzählt Ali Cherri suggestiv und mit einer ausgefeilten Bildsprache eine politische Parabel, nur scheinbar entrückt von den Protesten im Sudan.

Filmstill aus Father´s Day

Weitere Informationen zum Festivalprogramm finden sich auf africa-alive-festival.de sowie in der gedruckten Broschüre.

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Mittwoch  01.02.2023

18:00 Uhr

SPACE IS THE PLACE

USA 1974. R: John Coney. D: Sun Ra, Raymond Johnson, Christopher Brooks. 81 Min. DCP. OmU
Original version with German subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Der Musik-Prophet Sun Ra hat im Kalifornien der 1970er eine Mission: Er will die unterdrückte Schwarze Community retten, aber nicht mit politischen Brandreden, sondern allein durch die Kraft der Musik, dem einzig wahren intergalaktischen Medium. Mit einem Raumschiff soll eine Gruppe Auserwählter den Planeten Erde verlassen, der im Wahn von Rassismus und Repression dem baldigen Untergang geweiht ist. Eine psychedelische Mischung aus Free-Jazz, Mystizismus, politischer Agitation und Science-Fiction.

20:15 Uhr

ATLANTIQUE

Senegal 2019. R: Mati Diop. D: Mame Sané, Amadou Mbow, Ibrahima Traoré 104 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Eröffnung: Umtrunk um 19 Uhr
Filmreihe: Africa Alive 2023

In einem Vorort von Dakar beschließen betrogene Baustellenarbeiter, das Land über das Meer zu verlassen und in eine bessere Zukunft zu reisen. Unter ihnen ist Suleiman, der Geliebte von Ada, die einem anderen versprochen wurde. Wenige Tage nach deren Abreise verwüstet ein Feuer die Hochzeitsfeier der Frau und ein mysteriöses Fieber befällt die Mädchen in der Nachbarschaft. Mati Diop, die 2008 als Hauptdarstellerin in Claire Denis‘ 35 RHUMS Bekanntheit erlangt hat, ist die Nichte des Regisseurs Djibril Diop Mambéty. Ihr Spielfilmdebüt changiert mühelos zwischen Geister- und Liebesgeschichte und erzählt von weiblicher Solidarität und der Gegenwart des Lebens in Dakar. ATLANTIQUE wurde in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet – er war der erste Film einer Schwarzen Frau im Wettbewerb des Festivals.

Donnerstag  02.02.2023

18:00 Uhr

LE CINÉMA C’EST DE LA MAGIE/LE FRANC

LE CINÉMA C’EST DE LA MAGIE
Schweiz/Frankreich 2022. Regie: Silvia Voser. Dokumentarfilm. 30 Min. DCP. frz. OmU
Original version with German subtitles
LE FRANC
Senegal 1994. R: Djibril Diop Mambéty. 45 Min. DCP. Wolof OmU
Filmreihe: Africa Alive 2023

LE CINÉMA C’EST DE LA MAGIE
Das Porträt des senegalesischen Filmemachers Djibril Diop Mambety ist eine Annäherung an sein Werk und Denken, illustriert durch Interviews und Auszüge aus seinen Filmen.

LE FRANC
Weil er mit seiner Miete im Rückstand ist, hat eine boshafte Vermieterin das Instrument des Musikers Marigo konfisziert. Um sein Instrument auszulösen, setzt Marigo auf die staatliche Lotterie und das Schicksal meint es gut mit ihm - seine Nummer gewinnt. Nun will er mit seinem Los zum Schalter der Staatslotterie aufbrechen, doch es gibt ein Problem: Zur Sicherheit hat er es gründlich an seiner Tür festgeklebt. LE FRANC ist der erste Teil von Mambétys unvollendet gebliebener Trilogie der „Histoires de petites gens“ (Geschichten der kleinen Leute).

20:30 Uhr

NOSSA SENHORA DA LOJA DO CHINÊS

Our Lady of the Chinese Shop
Angola 2022. R: Ery Claver. D:Cláudia Pucuta, David Caracol, Willi Ribeiro 98 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

NOSSA SENHORA DA LOJA DO CHINÊS entwirft in drei Kapiteln und einem Prolog eine fragmentierte, surreale Geschichte: Der chinesische Händler Zhang Wei verkauft eine mysteriöse Marienstatue aus Plastik. Domingas pflegt ihren kranken Mann und trauert zugleich um eine Verstorbene. Zoyo sucht seinen verschwundenen Freund und ein Friseur errichtet eine neue Kultstätte. In diesem verstörenden wie bezaubernden Stadtmärchen erzählt der angolanische Regisseur Ery Claver von einer grundlegenden Unzufriedenheit und den religiösen wie politischen Manipulationsversuchen, denen die angolanische Gesellschaft ausgesetzt ist. Produziert wurde der Film vom angolanischen Kollektiv Geração 80, das beim 28. Africa Alive Festival im vergangenen Jahr im Schwerpunkt zu Filmkollektiven vorgestellt wurde.

Freitag  03.02.2023

17:30 Uhr

MARCHER SUR L’EAU

Above Water
Frankreich/Belgien/Niger 2021. R: Aïssa Maïga. Dokumentarfilm. 90 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Mit Gespräch
Filmreihe: Africa Alive 2023

Für die Einwohner:innen des Dorfs Tatiste im Norden des Niger ist der Klimawandel und die Suche nach Trinkwasser bitterer Alltag. Jeden Tag läuft die 14-jährige Houlaye kilometerweit, um Wasser zu holen, das für das Leben im Dorf unerlässlich ist. Als ihr Vater immer weiter entfernte Wasserquellen für das Vieh aufsuchen muss und ihre Mutter um andere Einkommensquellen in der Stadt bemüht ist, muss Houlaye auch die Verantwortung für ihre Familie übernehmen. MARCHER SUR L’EAU ist der erste Dokumentarfilm von Aïssa Maïga, die als Schauspielerin unter anderem mit Alain Tanner, Michael Haneke, Cédric Klapisch und Abderrahmane Sissako zusammengearbeitet hat.
In Kooperation mit dem Friedrichsdorfer Institut für Nachhaltigkeit.

19:30 Uhr

NEPTUNE FROST

USA/Ruanda 2021. R: Anisia Uzeyman, Saul Williams. D: Cheryl Isheja, Bertrand Ninteretse, Eliane Umuhire. 105 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

NEPTUNE FROST spielt in den Hügeln von Burundi, wo eine Gruppe entkommener Coltan-Bergleute ein antikolonialistisches Hacker-Kollektiv bilden. Von einer überirdisch wirkenden Elektroschrott-Müllhalde aus versuchen sie, das autoritäre Regime zu stürzen, das die natürlichen Ressourcen der Region – und deren Menschen – ausbeutet. Als eine intersexuelle Ausreißerin und ein entkommener Coltan-Bergarbeiter durch kosmische Kräfte zueinander finden, löst ihre Verbindung Störungen im größeren übermenschlichen Kreislauf aus. Liquid fluktuierend zwischen den Zuständen des Seins – männlich und weiblich, kolonisiert und frei, Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Wachzustand – ist NEPTUNE FROST ein wiederbelebender und empowernder Download direkt auf die Großhirnrinde. Ein kraftvoller Aufruf, Technologie für progressive politische Zwecke zu nutzen.

Samstag  04.02.2023

15:30 Uhr

WIE ERKLÄRE ICH MEINEM ENKEL DIE UNORDNUNG DER WELT

Lesung von Aicha Bouabaci
Moderation und Übersetzung: Dr. Margrit Klingler-Clavijo (Übersetzerin und Journalistin)
Musikalische Begleitung: Aziz Kuyateh, Griot, Kora
Filmreihe: Africa Alive 2023

Aicha Bouabaci, im algerischen Saida geboren, zählt zu den bekanntesten Dichterinnen, Essayistinnen und Schriftstellerinnen des Maghreb. Nach einer Ausbildung als Lehrerin studierte sie Literatur- und Rechtswissenschaft an der Universität von Algier, Internationales Recht und Menschenrechte in den Niederlanden sowie Literatur der Moderne in Frankreich. Ihr Leben führte sie an viele Orte, auch nach Frankfurt am Main.
Bei der Lesung wird sie Gedichte aus Ihrem Band Das Licht der Wüste und Auszüge aus Ihrem Roman Wie erkläre ich meinem Enkel die Unordnung der Welt präsentieren.
Aicha Bouabaci publizierte Gedichtbände, Novellen und einen Roman. Ihre Veröffentlichungen sind in zahlreichen Anthologien und in literarischen und politisch-kulturellen Zeitschriften zu finden. Ihre Themen schöpft sie aus den vielfältigen Erfahrungen, die sie in den verschiedenen Regionen dieser Welt gesammelt hat: Erfahrungen des Exils, der Heimatlosigkeit, der Identitätssuche und Entwurzelung aber auch des Zwischen-den Kulturen-Balancierens. Sie zeichnet Lebenswege von Frauen und Familien nach. Ihr Roman, den sie ihrem Enkelsohn gewidmet hat, ist in mehrere Sprachen übersetzt worden.

18:00 Uhr

BADOU BOY

Senegal 1969. R: Djibril Diop Mambéty. D: Lamine Ba, Al Demba Ciss, Christoph Colomb. 60 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Vorfilm: CONTRAS´ CITY
Senegal 1965. R: Djibril Diop Mambéty. 15 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: Africa Alive 2023

Der mittellange Film BADOU BOY erzählt die Abenteuer von Badou Boy, einem jungen Mann, der mit dem Bus auf den Straßen von Dakar unterwegs ist und von einem übergewichtigen Polizisten verfolgt wird. Die Reminiszenz an Charlie Chaplin und den komödiantischen Stummfilm – in der Mambéty selbst mit Chaplins Hut und Stock auftritt – zeichnet ein humorvolles Bild des alltäglichen Lebens in Dakar, das sich nicht vor der sozialen Realität des Landes verschließt.

Mambétys erster Kurzfilm ist ein wunderbarer Einstieg in sein Werk: Die Stadtsymphonie CONTRAS‘ CITY untersucht mit einem spielerischen wie kritischen Blick die senegalesische Hauptstadt Dakar. Die Beobachtungen des Lebens und der Architektur der Metropole deuten dabei auf die Geschichte verschiedener Kolonisierungen und zeigen, dass sich die Stadt nicht auf eine einfache Identität reduzieren lässt. „Ich habe die Unterschiede in meiner direkten Umgebung betrachtet und es sehr amüsant gefunden, dass diese Stadt die Spur mehrerer kolonialistischer Niederlassungen trägt.“ (Diop Mambéty)

20:30 Uhr

FATHER’S DAY

Ruanda 2022. R: Kivu Ruhorahoza. D: Mediatrice Kayitesi, Aline Amike, Yves Kijyana. 111 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

FATHER’S DAY verwebt kunstvoll drei Familiengeschichten im heutigen Ruanda und erzählt von verschiedenen Facetten der Elternschaft, des Verlusts und weiblicher Selbstbehauptung in einer patriarchalen Gesellschaft. Eine Frau versucht, den Tod ihres Sohnes zu verarbeiten, ein Kleinkrimineller schlägt sich mit seinem Sohn durchs Leben und eine junge Frau pflegt widerwillig ihren kranken Vater, der 1994 als Soldat am Völkermord beteiligt war. Kivu Ruhorahoza gelingt mit FATHER’S DAY ein poetisches Drama, das sich gegenwärtigen Problemen und historischen Traumata gleichermaßen annähert.

Sonntag  05.02.2023

12:00 Uhr

LE MALI 70

Deutschland/Mali 2021. Markus CM Schmidt. 93 Min. DCP. OmU
Original version with German subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

2019 begleitet Regisseur Markus CM Schmidt die Musiker des Berliner Big-Band Projekts Omniversal Earkestra auf ihrer musikalischen Forschungsreise nach Mali. In der Zeit nach der Unabhängigkeit hatte sich dort in den 1970er Jahren eine pulsierende Big-Band-Szene entwickelt, die traditionelle lokale Musiktraditionen mit kubanisch beeinflussten, funkigen Bläser-Klängen mischte. Sie durchreisen das Land entlang dem Niger-Fluss nach Norden, treffen auf legendäre musikalische Altmeister wie Cheick Tidiane Seck, Sory Bamba, Abdoulaye Diabaté und Salif Keita und beginnen mit diesen die alten Songs neu einzustudieren. Höhepunkt der Reise ist die Aufnahme eines neuen Albums in Salif Keitas legendären Moffou-Studio Badiala Male in Bamako. Damit war das Projekt MALI 70 geboren.

17:00 Uhr

TOUKI BOUKI

Die Reise der Hyäne
Senegal 1973, R: Djibril Diop Mambéty. D: Magaye Niang, Mareme Niang, Aminata Fall. 89 Min. 35mm. OmU
Original version with German subtitles
Vortrag: Léthicia O. Ngou-Milama (Filmwissenschaftlerin)
Beginn des Films ca. 18 Uhr
Filmreihe: Africa Alive 2023

Beeinflusst von der Nouvelle Vague kombiniert Djibril Diop Mambéty in TOUKI BOUKI spielerisch Film Noir, Road-Movie-Komödie und Sozialkritik und erzählt die Geschichte von Anta und Mory, zwei jungen Menschen aus Dakar, die davon träumen, das Land zu verlassen und nach Paris zu reisen: Mory, ein junger Hirte, der gerade seine Rinder ins Schlachthaus gebracht hat, fährt auf seinem mit Hörnern geschmückten Motorrad durch die Stadt. Dort lernt er die Studentin Anta kennen. Die beiden versuchen sich als Kleinkriminelle, um das nötige Geld für die Überfahrt aufzutreiben. TOUKI BOUKI ist Mambétys erster Langfilm und zählt bis heute zu den größten Werken des afrikanischen Kinos.

20:30 Uhr

LE BLEU DU CAFTAN

Das Blau des Kaftans
Marokko/Frankreich/Belgien 2022. R: Maryam Touzani. D: Lubna Azabal, Saleh Bakri, Ayoub Missioui. 118 Min. DCP. OmU
Original version with German subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Mina und ihr Mann Halim betreiben in der Medina einer großen marokkanischen Stadt eine Schneiderei, die sich auf die Fertigung von zeremoniellen Kaftanen spezialisiert hat. Da die traditionelle Handarbeit zeitaufwändig ist und Mina zunehmend von einer Krankheit eingeschränkt wird, beschließen die beiden, einen Assistenten einzustellen. Die Anwesenheit des jungen Mannes weckt in Halim lange unterdrückte Gefühle, was Mina bald bemerkt. Wie bereits ihr Debüt ADAM überzeugt auch der neue Film der marokkanischen Schauspielerin und Regisseurin Maryam Touzani durch seine schauspielerischen Leistungen und eine behutsame Inszenierung. „Der blaue Kaftan ist ein Film über die Freiheit, so zu sein, wie man ist, zu lieben, wen man lieben will, egal ob Mann oder Frau. Vor allem aber ist es ein Film über die Liebe, denn die Liebe umfasst all das.“ (Touzani)

Dienstag  07.02.2023

18:00 Uhr

AL-SADD

The Dam
Sudan/Serbien/Deutschland/Frankreich 2022. R: Ali Cherri. D: Maher El Khair. 80 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Sudan, in der Nähe des Merowe-Staudamms: Maher arbeitet in einer traditionellen Ziegelei, die vom Wasser des Nils gespeist wird. Jeden Abend wandert er heimlich in die Wüste, um eine mysteriöse Konstruktion aus Lehm zu bauen. Während sich das sudanesische Volk erhebt, um seine Freiheit einzufordern, beginnt seine Schöpfung ein Eigenleben zu führen. In AL-SADD erzählt Ali Cherri suggestiv und mit einer ausgefeilten Bildsprache eine politische Parabel, scheinbar entrückt von den Protesten im Sudan. Cherri ist ein in Beirut geborener Filmemacher und bildender Künstler – für das Drehbuch arbeitete er unter anderem mit dem französischen Regisseur Bertrand Bonello zusammen.

20:15 Uhr

HYÈNES

Hyènes – Der Besuch der alten Dame
Senegal 1992. R: Djibril Diop Mambéty. D: Mansour Diouf, Ami Diakhate, Mahouredia Gueye. 113 Min. DCP. OmU
Original version with German subtitles
Zu Gast: Teemour Diop Mambety (Sohn von Djibril Diop Mambéty)
Filmreihe: Africa Alive 2023

Geier fliegen über Colobane im Sahel – die Zeit der Hyänen beginnt. Einst vertrieben, kehrt Linguère Ramatou nach drei Jahrzehnten als reiche Frau in ihr Dorf zurück. Der Händler des Ortes hatte sie geschwängert und seine Vaterschaft verleugnet; jetzt will sie Rache nehmen und bietet den Einwohner:innen viel Geld, um den Händler zu töten. Diese weigern sich zuerst, erliegen aber nach und nach den Verlockungen. Mambétys zweiter Teil seiner unvollendeten Trilogie über Kolonialismus und Konsumismus überträgt Friedrich Dürrenmatts Der Besuch der alten Dame kongenial auf den afrikanischen Kontext. Zugleich zeigt der Film die Strukturen der Unterdrückung von Frauen in einer traditionellen Gesellschaft auf.

Mittwoch  08.02.2023

18:00 Uhr

MILLE SOLEILS/PARLONS GRAND-MÈRE/FEU BANANIA

MILLE SOLEILS
A Thousand Suns
Frankreich/Senegal 2013. R: Mati Diop. 45 Min. DCP. OmeU Achtung: Der Film fällt leider aus. Als Ersatzfilm zeigen wir: Ninki Nanka, Le Prince de Colobane
USA 1991. R: Laurence Gavron. 45 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
PARLONS GRAND-MÈRE
Erzähl von Großmutter
Burkina Faso 1989. R: Djibril Diop Mambety. Dokumentarfilm. 30 Min. DCP. OmeU
FEU BANANIA
Senegal/Frankreich 2019. R: Teemour Diop Mambety. Dokumentarfilm. 30 Min. digital. OmeU
Zu Gast: Teemour Diop Mambety (Sohn von Djibril Diop Mambéty)
Filmreihe: Africa Alive 2023

Im April und Mai 1991 drehte Djibril Diop Mambéty seinen zweiten - und letzten - Spielfilm, Hyänen, eine freie, lyrische Adaption von Friedrich Dürrenmatts Theaterstück Der Besuch, von dessen Umsetzung er seit Jahren geträumt hatte. Ninki Nanka, THE PRINCE OF COLOBANE ist kein Making-of, sondern nimmt die Dreharbeiten zu Mambétys Film, bei dem er Autor, Regisseur und Schauspieler ist, als Vorwand, um seine Person zu untersuchen.

Djibril Diop Mambety dokumentiert in PARLONS GRAND-MÈRE die Dreharbeiten zu Idrissa Ouédraogos YAABA im Sommer 1988. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Arbeit des Regisseurs mit der über 80-jährigen Yaaba und ihren beiden Enkeln. Yaaba hat in ihrem bisherigen Leben noch nie eine Kamera gesehen. Herausgekommen ist ein humorvolles Filmgedicht über das Kino, die Stolpersteine eines Filmdrehs in Burkina Faso sowie die Arbeit eines Freundes.

In FEU BANANIA erkundet Teemour Diop Mambéty in der pulsierenden Stadt Dakar die Arbeit der Designer Fara, Selly Raby Kane und Ousmane Mbaye.

20:30 Uhr

AMANSA TIAFI

Public Toilet Africa
Ghana 2021. R: Kofi Ofosu-Yeboah. D: Briggitte Appiah, David Klu, Ricky Kofi Adelayitar. 95 Min. DCP. Twi/Ewe/Ga Englisch, Polnisch OmU
Original version with German subtitles
Zu Gast: Kofi Ofosu-Yeboah
Filmreihe: Africa Alive 2023

Nach längerer Zeit kehrt die schöne und rätselhafte Ama nach Ghana zurück und begibt sich mit Sadiq auf einen Roadtrip, um alte Rechnungen zu begleichen. Auf ihrem Weg begegnen sie korrupten Politiker:innen, korrupten Gerichten, zwielichtigen Kunsthändler:innen und den Überbleibseln des Kolonialismus. Die beißende Satire ist zugleich ein Liebesbrief an Ofosu-Yeboahs Heimatland. „AMANSA TIAFI ist ein persönliches Manifest, eine Hommage an meinen Kontinent. Es ist mein Teil einer größeren Erzählung über ein Volk, dessen ungebrochener Optimismus allen Widrigkeiten zum Trotz meine Arbeit weiterhin inspiriert.“ (Ofosu-Yeboah)
Ama und Sadiq sind gleichermaßen Nachfahren von Bonnie und Clyde wie auch von Anta und Mory, dem Paar in Djibril Diop Mambétys revolutionärem TOUKI BOUKI (1973).

Donnerstag  09.02.2023

18:00 Uhr

AFROFUTURISTIK

QU‘ IMPORTE SI LES BÊTES MEURENT
Frankreich/Marokko 2020. R: Sofia Alaoui Marokko. 24 Min
WE NEED PRAYERS: Episode 05. This one went to market
Kenia 2018. R: Jim Chuchu / The Nest Collective. 5 Min.
ETHEREALITY
Runada/Schweiz 2019. R: Kantarama Gahigiri. 15 Min
HELLO, RAIN
Nigeria 2018. R: CJ Obasi. 30 Min
ZOMBIES
Kongo/Belgien 2018. R: Baloji. 15 Min.
Alle Filme in DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

QU‘ IMPORTE SI LES BÊTES MEURENT
In den hohen Bergen des Atlasgebirges hütet der junge Hirte Abdellah mit seinem Vater Schafe. Als das Getreide knapp wird, macht sich Abdellah in ein entfernt liegenden Dorf auf, um Nachschub zu organisieren. Dort ereignen sich seltsame Ereignisse.

WE NEED PRAYERS: Episode 05. This one went to market
Ein junger kenianischer bildender Künstler hat einen raffinierten Plan, um die Kunstwelt im Ausland zu erobern. Wird er funktionieren?

ETHEREALITY
Wie fühlt es sich an, nach 30 Jahren im Weltraum endlich nach Hause zu kommen? Eine Reflexion über Migration und das Gefühl der Zugehörigkeit.

HELLO, RAIN
Nach einer Kurzgeschichte der afrofuturistischen Autorin Nnedi Okorafor: Eine Wissenschaftlerin erschafft mithilfe von Juju und Technologie Perücken, die übernatürliche Kräfte verleihen, sich jedoch als unkontrollierbar erweisen.

ZOMBIES
Eine Reise zwischen Hoffnung und Dystopie in einem halluzinierten Kinshasa

Freitag  10.02.2023

18:00 Uhr

LA NUIT DES ROIS

Night of the Kings
Elfenbeinküste/Senegal/Frankreich/Kanada 2020. R: Philippe Lacôte. D: Steve Tientcheu, Koné Bakary, Denis Lavant. 93 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Ein junger Dieb namens Zama wird in „La Maca“ eingewiesen, ein Gefängnis mitten im ivorischen Wald, das von seinen Insassen regiert wird. Um seine Macht zu erhalten, nimmt der kranke Anführer des Gefängnisses ein altes Ritual wieder auf: Wie es die Tradition bei Aufgang des Blutmondes vorsieht, muss einer der Gefangenen den anderen eine Geschichte erzählen und darf damit nicht vor Morgengrauen enden. Als Neuzugang wird Zama ausgewählt. Er schildert das mystische Leben des legendären Geächteten Zama King. Bildgewaltig und zwischen verschiedenen Tonarten wechselnd erzählt Philippe Lacôte in LA NUIT DES ROIS eine Geschichte, die gleichermaßen von den Geschichten aus Tausendundeine Nacht und der Erzähl-Tradition der Griots inspiriert ist.

Dienstag  14.02.2023

18:00 Uhr

THE LAST ANGEL OF HISTORY

Großbritannien/Deutschland 1995. R: John Akomfrah. Dokumentarfilm. Digital. 48 Min. engl. OF
Original version
Filmreihe: Africa Alive 2023

Als Teil des Black Audio Film Collective realisierte John Akomfrah mit THE LAST ANGEL OF HISTORY einen Dokumentarfilm, der über Erinnerung und Geschichte, Afrika und die Diaspora sowie die Tradition des Afrofuturismus nachdenkt. Ein „Daten-Dieb“ reist aus der Zukunft in unsere Gegenwart, um nach panafrikanischen Spuren des Spekulierens über die Zukunft zu suchen. Der Film lässt dabei verschiedene Künstler:innen wie Sun Ra, Lee „Scratch“ Perry, A Guy Called Gerald, Underground Resistance oder Samuel R. Delany in einen Dialog treten und schafft mit formalem Einfallsreichtum Verbindungslinien einer unterrepräsentierten, gemeinsamen Geschichte.

Dienstag  21.02.2023

18:00 Uhr

LES SAIGNANTES

Die Blutenden
Kamerun/Frankreich 2005. R: Jean-Pierre Bekolo. D: Adèle Ado, Dorylia Calm, Emile Abossolo M`bo. 92 Min. digital. OmU
Original version with German subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Der stilisierte Science-Fiction-Politthriller handelt von zwei jungen Frauen, die ausziehen, um ein futuristisches Land im Jahre 2025 von seinen korrupten, sex- und machtbesessenen Männern zu befreien. Majolie und Chouchou bewegen sich in einer Welt, in der Sex, Geld, Politik und Tod auf gefährliche Weise miteinander verwoben sind. Jung, attraktiv, modern und todbringend sind sie auf Mission, die Zukunft ihres Landes zu verändern. Doch ein hartnäckiger Feind stellt sich ihnen in den Weg.
Als Meta-Erzählung webt Bekolo das so genannte Mevungu in seinen Film ein – ein Ritual des Beti-Volkes, das den Geheimgesellschaften der Frauen vorbehalten ist und welches nur in Krisenzeiten vollzogen wird. In Kamerun wäre der Film fast der Zensur anheimgefallen

Dienstag  28.02.2023

18:00 Uhr

MANDABI

Die Postanweisung
Senegal 1968. R: Ousmane Sembène. D: Makhourédia Guèye, Ynousse N‘Diaye, Isseu Niang. 90 Min. DCP. OmU
Original version with German subtitles
Filmreihe: Africa Alive 2023

Angesichts des 100. Geburtstag von Ousmane Sembene zeigen wir das Kino des DFF den kürzlich restaurierten Film MANDABI: Der arbeitslose Ibrahima Dieng erhält unerwartet eine Postanweisung über 25.000 Franc von seinem Neffen aus Paris. Bald drängeln sich Familienmitglieder und Freund:innen um den plötzlich wieder Kreditwürdigen. Doch die Bürokratie erweist sich als unüberwindbare Hürde. Um die Anweisung einzulösen, muss er nicht nur Bestechungsgelder und Gebühren zahlen, sondern braucht auch Ausweis und Geburtsurkunde, die er nicht hat. MANDABI ist eine Satire brechtscher Art über die Bourgeoisie, die ihre Macht ausnutzen, um das Volk zu unterdrücken und sich selbst zu bereichern. Nach einer Kurzgeschichte des Regisseurs gedreht, ist es der erste Film in der afrikanischen Wolof-Sprache und gilt als Schlüsselwerk des afrikanischen Kinos.