Wie Ken ins Kino kam – ganz ohne Barbie

von Marie Brüggemann

Ken allein auf hoher See: Aber das hier ist kein pinkes Traum-, sondern ein Kriegsschiff, und von Barbie fehlt weit und breit jede Spur.

Wir befinden uns bei den Dreharbeiten zu Wolfgang Petersens Kinoklassiker DAS BOOT (BRD 1981). Für einige Szenen, zum Beispiel das Aufeinandertreffen zweier U-Boote im stürmischen Atlantik, wurden 1:1 verkleinerte Versionen der elf Meter langen Bootskulisse eingesetzt. Kostümbildnerin Monika Bauert besorgte sich hierfür eine Gruppe freundlich dreinschauender Helfer: Das perfekte Größenverhältnis hatte kein geringerer als die beliebte Plastikpuppe namens Ken der Firma Mattel. Bauert verpasste dem braungebrannten Barbie-Freund eine angemessene Gesichtsfarbe und ließ Leder- und Ölzeug-Päckchen in mehrfacher Ausführung maßschneidern. Auf dem Begleitschiff der Crew trug sie die Sachen in einem Puppenköfferchen stets bei sich. Mithilfe einer im Hosenbein versteckten Fernsteuerung konnten die Puppen sich auf dem U-Boot-Turm bewegen, winken und Miniaturferngläser und Morselampen über den Ozean schweifen lassen. Diese Trickaufnahmen waren seinerzeit Pionierinnenarbeit.

Kostümbildnerin Monika Bauert bei Dreharbeiten zu DAS BOOT vor Helgoland: Einrichtung der Ken-Puppen im U-Boot-Turm. DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Sammlung Karl-Heinz Vogelmann
Puppe für Modellaufnahmen zu DAS BOOT, Maßstab 1:6. Foto: Uwe Dettmar. Quelle: DFF

Zwei Jahre ihres Lebens verbrachte Monika Bauert als Mitglied des Produktionsteams für DAS BOOT in einem beengten (Unterwasser-)Kosmos, einen großen Teil dieser Zeit auf See. Für die Darsteller der Besatzung des deutschen U-Boots auf Feindfahrt beschaffte und bearbeitete die Kostümbildnerin mehr als 300 Kleiderstücke. Da der Film nicht in chronologischer Szenenfolge gedreht wurde, benötigte Bauert jede Ausstattung in sechsfacher Ausführung und in unterschiedlichen Abnutzungsstadien. Ihr gelang es, die beklemmende, klaustrophobische Stimmung im Inneren des Bootes, in dem die etwa 40 Soldaten ein Jahr lang schliefen, kämpften und warteten, auch über deren Kostüme zum Ausdruck zu bringen.

Und nicht weniger intensiv widmete sich Bauert den Ken-Puppen: Es gelang ihr, deren maßgeschneiderte „Kostüme“ so zu patinieren, dass sie sogar optisch gestunken haben. Die Puppen sind Teil der Archivsammlung Monika Bauert des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum.

Wolfgang Petersens Spielfilm DAS BOOT nach Lothar-Günther Buchheims gleichnamigem Roman erzählt von den Erlebnissen der Besatzung eines deutschen U-Boots während Feindfahrten im Zweiten Weltkrieg. Die bis dato teuerste und aufwendigste deutsche Filmproduktion erzielte weltweit einen Publikumserfolg, der DAS BOOT zum international erfolgreichsten deutschen Film seiner Zeit machte. Genau 25 Jahre nach seiner Uraufführung würdigte das DFF den Film im Herbst 2006 mit der Sonderausstellung DAS BOOT Revisited. Zu den Exponaten zählten das Fünf-Meter-Modell des U-Bootes, originale Filmkostüme und Requisiten, Konstruktionsentwürfe, Arbeitsdrehbücher, Drehpläne, Kameratechnik, Preise – und Puppen der Firma Mattel, die für die Trickaufnahmen dienten.

Als Meilenstein der Filmgeschichte gehört DAS BOOT zu den Filmen, die immer wieder auf der großen Leinwand zu sehen sein werden – bestimmt auch zu gegebenem Anlass wieder im Kino des DFF. Greta Gerwigs Film BARBIE mit Ryan Gosling in der Rolle des Ken ist aktuell in vielen Kinos zu sehen.