Ein Bollwerk feiert Geburtstag

Wer ist Uwe Boll? „Schlechtester Regisseur aller Zeiten“ nannte ihn kürzlich ein Kollege – und damit ist er nicht allein. Einige Kreative, scheint es, besitzen ein so herausstechendes Talent, dass man ihnen nur mit Superlativen näherkommt. Wenn man sich mit der Kunstform Film beschäftigt, kommt man nicht umhin, auch weniger geglückte Werke anzuschauen. Dann weiß man sicher: „Genau so darf man es nicht machen!“. Wer sich selbst daran versucht, Filme zu drehen, profitiert auch von den schwächeren Beiträgen. Doch so weit zu gehen, genau die Regisseure zu empfehlen, von denen man sich eventuell fern halten sollte? Siehe Boll: Auch in seinem Werk gibt es oft Funken von Genialität.

Seinen Ruhm verdankt er Videospielverfilmungen, in besonderem Maße Vertretern des Genres Action-Horror/Shooter, wie BLOODRAYNE (US 2005) und ALONE IN THE DARK (US 2005). Mit unternehmerischem Geist machte er sich ein deutsches Gesetz zunutze, das Steuernachlässe für ausländische Firmen versprach, die sich an Kulturprojekten beteiligen wollten. Boll überzeugte mehrere Unternehmen, ihm Geld für seine Filme zu geben und sammelte auf diese Weise beträchtliche Summen. Dank dieser Form der Filmförderung gelang es ihm sogar, Schauspieler wie Sir Ben Kingsley, Jürgen Prochnow und Michael Madsen anzuheuern. Über Til Schweiger schwärmt er, dieser sei ein echter „Teamplayer“, der sich während der Dreharbeiten zu FAR CRY (DE/CA 2008) sehr engagiert und erfreulicherweise auch die Promotion-Phase des Films begleitet hätte.

Und doch hat lediglich ein Drittel seiner Filmografie Games als Vorlage. Die Geheimtipps übersehen Kritiker/innen zumeist und beharren lieber auf dem Image des Schundfilmers. Dabei beherrscht Boll die Grammatik der Filmsprache einwandfrei und hat oft unter Beweis gestellt, dass er anspruchsvolle Filme drehen kann. Trotzdem polarisiert er weiter, denn er sucht sich gerne heikle Themen aus, wie Mobbing (HEART OF AMERICA, US 2002), Genozid (AUSCHWITZ, DE 2011), Kapitalismuskritik (RAMPAGE, CA/DE 2009) oder Foltermord (STOIC, CA 2009).

2015 besuchte er das DFF im Begleitprogramm der Ausstellung FILM UND GAMES. Boll begeisterte während eines Talks zu Videospielverfilmungen seine Gäste mit Anekdoten aus seinem Schaffen. Er besitzt Humor und kann zweifellos austeilen. Das bewies er vor laufender Kamera, als er im Jahr 2006 fünf seiner Kritiker in Vancouver verdrosch, die sich mit ihm auf einen echten Boxkampf im Ring eingelassen hatten. Damit hat er eindeutig seinen Punkt gemacht.

Also zurück zur Eingangsfrage. Er ist gewiss mehr, als das, worauf man ihn für gewöhnlich reduziert; absolute Attribute werden der Frage nicht gerecht. Der Fernsehsender TELE5 widmet ihm in diesem Jahr eine Reihe unter dem Motto BOLLWERKE – pünktlich zum Geburtstag. Deren Programmredaktion hat seine Qualitäten schon erkannt. Hoffentlich folgen bald auch weitere Filmliebhaber/innen.