Filmblog // THE ORDINARIES

von Siri Scholtes

Ein Film über den Film: THE ORDINARIES (DE 2022, R: Sophie Linnenbaum) erzählt mit konsequenter Liebe zum Detail eine Geschichte über das Kino, über Haupt- und Nebenfiguren, über Klassengesellschaften und echte Emotionen, die man in deutschen Produktionen nicht mehr häufig sieht. Die Regisseurin Sophie Linnenbaum hat mit ihrer Arbeit eine unvergleichliche Parabel geschaffen, die das Medium zur Realität werden lässt und Kino wie Leben neu interpretiert.

Das Universum in THE ORDINARIES ist im wahrsten Sinne des Wortes filmisch: Die Welt, in der die Figuren im wirklichen Leben leben, strukturiert sich in Szenen, die Gesellschaft unterscheidet zwischen Haupt- und Nebenfiguren, Outtakes finden sich am Rande der Gesellschaft wieder und Filmfehler müssen um ihre Existenz kämpfen. Im Mittelpunkt der Handlung befindet sich Paula (Fine Sendel), die sich Hoffnungen machen kann, bald eine „Hauptfigur“ zu werden. Das Hauptfigur-Sein lernt sie in der Schule, die sie zeitnah mit der Abschlussprüfung beenden will. In dieser wird sie einen emotionalen Monolog über den verstorbenen Vater, seinerseits eine Hauptfigur, vortragen.

Paulas Vater hat sein Leben vor ein paar Jahren heldenhaft im Aufstand der Outtakes gelassen. So erzählt es zumindest Paulas Mutter (Jule Böwe), eine Nebenfigur mit nur wenigen Sätzen. Als Paula jedoch mit ihrer besten Freundin Hannah Cooper im Archiv nach ihrem Vater sucht, geht sie leer aus. Hannah (Sira-Anna Faal) hingegen, die aus einer immer singenden, perfekten Musicalfamilie aus Hauptfiguren kommt, findet allerhand Flashbacks ihrer Familie. Das Hausmädchen der Familie Cooper (Henning Peker) wird auf Paulas Lage aufmerksam und führt sie hinter die Leinwand, ein verwahrlostes Gelände und Lebensort der Outtakes, Filmfehler und Fehlbesetzungen. Schnell merkt Paula, dass etwas an der Erzählung ihrer Mutter nicht stimmen kann und die ausgemusterten Filmfiguren gar nicht so übel sind, wie es in der immer fröhlichen Welt der Hauptfiguren erzählt wird. Spätestens, als sie den durch falsche Schnitte gequälten Simon (Noah Tinwa) kennenlernt, beginnt sie die Verhältnisse der verschiedenen Filmwelten zu hinterfragen und das Geheimnis um ihren Vater zu lüften.

Mit kunstvollen Bildern, einer originellen Grundidee und einer vielschichtig angelegten Story bringt der Film die Kinobesucher:innen immer wieder zum Schmunzeln und Nachdenken gleichermaßen. Das Werk ist eine Liebeserklärung an das Kino, das hier metaphorisch als Oberfläche existenzieller Diskurse herhalten muss. Dabei gleitet der Film zuweilen jedoch derart in seine eigene Idee ab, dass Kinogänger:innen zwischendurch zurückgelassen werden.

 

Kinostart ist am 30. März, die Regisseurin Sophie Linnenbaum stellt ihr Werk am Donnerstag, 20. April, um 19:15 Uhr persönlich in der Was-tut-sich-Reihe im Kino des DFF vor.