Filmblog // TRIANGLE OF SADNESS

von Linda Kiehne

Nach seinem erfolgreichen Film THE SQUARE (SE, DE, FR, DK 2017), der mit einer Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, erhielt Ruben Östlund 2022 in Cannes erneut diese renommierte Auszeichnung – und das völlig zu Recht! Mit TRIANGLE OF SADNESS (SE, GB, US, FR, GR, TR) gelingt dem schwedischen Regisseur und Drehbuchautor eine großartige Satire, die schwarzen Humor mit tragischen Elementen verbindet. 

Humorvoll nimmt Östlund gleich in der ersten Szene die Modeindustrie aufs Korn: Vorgestellt wird das Male Model Carl (Harris Dickinson), der mit männlichen Kollegen vor der Kamera posiert. Ruft ihnen die Casting-Jury eine billige Marke wie „H&M“ zu, setzen die Männer ein künstliches Lachen auf. Ihr Blick verändert sich schlagartig, sobald sie den Namen einer Luxusmarke hören. Ganz nach dem Prinzip: Je exklusiver die Marke, desto herablassender der Gesichtsausdruck. Doch so amüsant die ersten Minuten auch sein mögen – sie bereiten die Kinobesucher:innen keineswegs auf das vor, was noch kommt.  

Carl verbringt mit seiner Freundin Yaya († Charlbi Dean), die als Influencerin arbeitet und weitaus erfolgreicher in ihrem Business ist als er, einige Tage auf einer Luxus-Yacht. Zeit für Zweisamkeit mit der Liebsten bleibt jedoch kaum, da Carl die meiste Zeit damit beschäftigt ist, das optimale Foto von Yaya für ihren Instagram-Auftritt zu schießen. Schließlich muss die ganze Welt darüber Bescheid wissen, welch ein perfektes und erstrebenswertes Leben die beiden führen. Dass sie sich wenige Tage zuvor noch über das Bezahlen der Rechnung im Restaurant gestritten haben, bleibt natürlich im Verborgenen. Zum Glück müssen sich die beiden über solche Unannehmlichkeiten während ihres Luxusurlaubs keine Sorgen machen. Der gesponsorte Aufenthalt kostet die beiden nämlich keinen Cent.  

Der Exklusivität der Yacht entsprechend, entpuppen sich die Reisenden um Yaya und Carl als millionenschwer. Unter ihnen befindet sich etwa ein Unternehmer:innen-Ehepaar aus der Rüstungsindustrie und der selbstironische Düngemittelproduzent Dimitry (Zlatko Burić), der nicht oft genug betonen kann, dass er sein Geld mit dem Verkauf von „Scheiße“ verdient. Dem Geld hinterher läuft natürlich auch das Schiffspersonal, das stets darauf bedacht ist, seinen Gästen jeden Wunsch mit einem strahlenden Lächeln von den Lippen abzulesen – und diese werden immer absurder! Kein Wunder, dass sich Woody Harrelson als marxistischer Kapitän (sehr lohnenswert!) lieber tagelang in seiner Kabine verkriecht. 

Aber Östlund geht in seiner Satire nicht nur den Reichen und Schönen an den Kragen. Abgerechnet wird am Ende mit allen, denn abgründige Charaktere findet er in allen sozialen Schichten. Ein überraschender Twist sorgt im dritten Teil des Films nämlich dafür, dass sich die Dynamik und Hierarchien zwischen den Figuren drastisch verändern. Nach einer stürmischen Nacht werden die Karten unter den Passagieren neu gemischt. Nun zeigt sich, was passiert, wenn Schönheit und Reichtum auf einmal wertlos sind. Während die ersten 90 Minuten die Kinobesucher:innen mit einer Vielzahl an ausgeklügelten Dialogen und zynischen sowie völlig überspitzten Szenen in den Bann ziehen, fällt Östlund im letzten Drittel, dem ein schnelleres Erzähltempo nicht geschadet hätte, allerdings nicht mehr allzu viel ein. Dies tut jedoch dem Gesamtwerk, auch dank seines nervenaufreibenden Endes, keinen allzu großen Abbruch. Insgesamt sehr sehenswert! 

 

Im Januar im Kino des DFF: 

Mittwoch, 4. Januar, 17:45 Uhr 

Freitag, 6. Januar, 20 Uhr