Internationale Konferenz “Moving Images from the Archives: Historical Footage of Nazi Crimes in Documentaries”

Eine Konferenz zur Verwendung historischer Filmaufnahmen über NS-Verbrechen in Dokumentarfilmen

vom 8. bis 10. Mai 2022 im DFF.

NS-Verbrechen sind visuell in erster Linie dokumentiert durch Aufnahmen alliierter Armee-Kameraleute aus der Zeit der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager. Die Nationalsozialisten hatten zuvor nur in ganz seltenen Ausnahmefällen Fotos oder Filmaufnahmen für eigene Zwecke zugelassen. Wenn Dokumentarfilme die Verbrechen des NS-Regimes zeigen, dann bedienen sie sich deshalb bis heute im Wesentlichen aus US-amerikanischem, britischem und sowjetischem Filmmaterial zur Entdeckung der nationalsozialistischen Massenverbrechen am Ende des Krieges. Damals sollten diese Aufnahmen als Beweismittel in Prozessen dienen sowie zur Information der alliierten Öffentlichkeit und zur Beschämung und Entnazifizierung der Deutschen. In späteren Dokumentarfilmen nehmen sie andere Rollen ein, wobei nicht selten ihr Entstehungszusammenhang aus dem Blick gerät.

Auf der Konferenz “Moving Images from the Archives. Historical Footage of Nazi Crimes in Documentaries” stellen Filmemacher:innen, Filmarchivar:innen und Kurator:innen aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Israel, Frankreich und Dänemark ihre ganz unterschiedlichen Umgangsweisen mit dem historischen Bildmaterial vor und zur Diskussion. Wie haben sie jeweils ihre Bildauswahl getroffen? Was wollen sie anhand dieser Bilder erzählen, welche Informationen vermitteln, Gedanken anregen und Gefühle auslösen? Die damals intendierte „Schockpädagogik“ ist längst überholt. Was ist an die Stelle getreten? Wie kann es gelingen, trotz weitergehender Botschaften den Ursprung der Aufnahmen verständlich zu machen? Welche ethischen Probleme stellen sich im Umgang mit den verstörenden Aufnahmen heute? Das sind einige der Fragen, die auf der Konferenz anhand von Filmbeispielen diskutiert werden sollen.

Die Konferenz wird gemeinsam vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und der Justus-Liebig-Universität Gießen ausgerichtet als Teil des vierjährigen EU Horizon 2020 Projektes “Visual History of the Holocaust. Rethinking Curation in the Digital Age“.

Hier geht es zum Programm (PDF, 0,7 MB).

Mit der Anmeldung verpflichten sich die Teilnehmer:innen, die COVID-19-Schutzmaßnahmen der Konferenz einzuhalten: Teilnehmer:innen müssen vollständig geimpft oder kürzlich genesen sein. Antigen-Schnelltests werden kostenlos zur Verfügung gestellt (und sollten jeden Tag vor der Teilnahme verwendet werden). Darüber hinaus ist das Tragen einer FFP2-Maske obligatorisch.

Begleitende Filmreihe im Kino des DFF

Sonntag, 08.05.2022, 18:00 Uhr


VERBOTEN!

USA 1959. R: Samuel Fuller. D: James Best, Susan Cummings, Tom Pittman. 93 Min. 35mm. OF
Original version

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird der amerikanische Soldat David Brent (James Best) bei einem Einsatz schwer verletzt und von der Deutschen Helga Schiller (Jane Cummings) gerettet. Daraus entsteht eine verbotene Liebe, die Brent zum Verbleib im Nachkriegsdeutschland bewegt. Weltkriegsveteran Samuel Fuller äußert in seinem Film Zweifel an der reibungslosen Entnazifizierung seiner deutschen Protagonist:innen. Der Besuch der Nürnberger Prozesse, angereichert durch die Montage von Archivaufnahmen, führt zumindest bei Helgas Bruder (Harold Daye) zur Schuldeinsicht.

Montag, 09.05.2022, 18:00 Uhr


THE LOST FILM OF NUREMBERG

Frankreich/USA 2021. R: Jean-Christophe Klotz. Dokumentarfilm. 52 Min. OmeU
Original version with English subtitles

Für den Nürnberger Prozess wurde als visuelles Beweismittel ein Film in Auftrag gegeben, welcher die Nazis mit ihren eigenen Waffen schlagen sollte: das selbst produzierte Bildmaterial ihrer Verbrechen. Budd und Stuart Schulberg gingen hierfür auf eine viermonatige Jagd durch das verwüstete Europa. Am Ende entstand der Film NURMBERG: A LESSON FOR TODAY, welcher zur Verurteilung der Nazi-Elite beitrug. Die Dokumentation THE LOST FILM OF NURMBERG zeigt nicht nur die Entstehung dieses Films, sondern kontextualisiert auch die Politik seines Verschwindens und seine Wiederentdeckung.

Dienstag, 10.05.2022, 20:30 Uhr


BABI YAR. CONTEXT

Niederlande/Ukraine 2021. R: Sergei Loznitsa. Dokumentarfilm. 120 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles

Filmstill aus Babi Yar. Context aus dem Jahr 2021. Eine schwarz-weiß Aufnahme zeigt Personen zwischen Trümmern und Rauch.

Am 29. und 30. September 1941 töten deutsche Wehrmachtssoldaten 33 771 Jüdinnen und Juden in Babyn Jar, einer Schlucht in der Nähe Kiews. Für seinen aktuellen Archivfilm suchte Regisseur Sergei Loznitsa (THE TRAIL, STATE FUNERAL) in deutschen, russischen und ukrainischen Archiven nach Filmmaterial, um diesen undokumentierten Massenmord zu kontextualisieren. Formal chronologisch wird dabei das Verbrechen im Zentrum mit seiner Vor- und Nachgeschichte bis in die 1950er gerahmt. Der teilweise fehlende Ton der Archivaufnahmen wurde von Foley Artist Vladimir Golovnitski erstellt.