Filmemachen in den eigenen vier Wänden: Das Kurzfilm-Projekt SPACES

Von Naima Wagner

Welche Erfahrungen machen Filmemacher/innen in diesen Tagen in ihren eigenen vier Wänden? Und wie fangen sie diese Erfahrungen filmisch ein?

Für das Projekt SPACES hat das Thessaloniki International Film Festival namhafte Regisseur/innen gebeten, einen Kurzfilm zu Hause zu drehen. Das Projekt ist entstanden unter dem Eindruck des Coronavirus, das die Lebensumstände überall auf der Welt verändert, und inspiriert von dem Buch Species of Spaces des französischen Schriftstellers und Filmemachers Georges Perec (1936–1982). Perecs Werk, das auf Deutsch den Titel Träume von Räumen trägt, beschäftigt sich spielerisch mit Raum und Räumen, enthält Vorschläge für praktische Übungen und persönliche Beobachtungen des Autors.

Für SPACES drehten die Filmemacher/innen im Auftrag des Festivals einen Kurzfilm – mit den Menschen und Objekten, die ihnen in ihrem eigenen Heim zur Verfügung standen. Als Drehorte waren neben den Zimmern nur zu den Wohnräumen gehörende Außenbereiche wie Terrasse, Garten, Balkon und Treppenhaus erlaubt.

Für SPACES #1 machten acht griechische Filmemacher/innen, allesamt Preisträger/innen der Griechischen Filmakademie, den Anfang. Zu SPACES #2 und SPACES #3 trugen Filmemacher/innen aus der ganzen Welt bei, darunter der rumänische Regisseur Radu Jude, der Porträtgast beim diesjährigen goEast Festival des mittel- und osteuropäischen Films war, und der chinesische Regisseurs Jia Zhangke, dem die aktuelle Reihe Lecture & Film im DFF gewidmet ist.

Radu Jude lässt in seinem Kurzfilm ein Experiment mit zwei Lämmern nachspielen, von dem der persische Arzt Avicenna in den ersten medizinischen Aufzeichnungen zum Thema Neurosen berichtet. In Jia Zhangkes Kurzfilm spielen die Requisiten und Themen des Corona-Alltags die Hauptrolle: Maske und Desinfektionsmittel-Spender, Social Distancing und Home Office. Zum Schluss sehen sich die beiden Protagonisten mit einem Projektor Aufnahmen dicht gedrängter Menschen an – Bilder, die aus einer anderen Welt zu stammen scheinen.

Mit ihren Beiträgen zum Projekt SPACES kommentieren die Regisseur/innen die neue Realität, die sich zwischen innen und außen, Alleinsein und Gesellschaft, Einschränkungen und kreativem Freiraum abspielt. Manchmal geht dabei der filmische Blick aus dem Fenster, meist bewegt er sich jedoch durch die Innenräume und begleitet die Menschen darin. Die Themen der Filme sind vielfältig, die Stimmung keineswegs nur nachdenklich. So entwirft der Kurzfilm 31/3/20 8.00 des griechischen Regisseurs Minos Nikolakakis auf humorvolle Weise eine Picknickszene, die sich als Traum erweist. Wenn er doch nur bald wahr würde!

Das 22. Thessaloniki International Documentary Film Festival findet noch bis 28. Mai online statt: Zum Festival

00:19 VACATIONERS IN POMPEII (Giorgos Georgopoulos)
03:36 INCREDIBLE THOUGHTS OF A WOMAN ON A TIER (Rinio Dragasaki)
07:27 ME, MY HOME (Zacharias Mavroeidis)
09:43 31/3/20 8.00 (Minos Nikolakakis)
12:42 MY OTHER LIVES (Marianna Economou)
15:42 CLEO AND HER DADDY MAKE A MOVIE (Stavros Pamballis)
20:35 FOGHORN (Syllas Tzoumerkas)
24:01 MY PHOTOGRAPH (Stavros Psillakis)

00:21 SPOTTING FIG TREES (Tarik Aktas)
03:48 THESE DAYS (Mateo Bendesky)
06:47 cnfnmnt e/scp(i)sm (Denis Côté)
10:31 (untitled) (Rachel Leah Jones)
13:43 A FABLE (O Fabula) (Radu Jude)
16:28 BE ABSOLUTE FOR DEATH (John C. Lynch)
19:19 VISIT (Jia Zhangke)

00:23 WE ARE IN THIS APART (Yung Chang)
05:03 THE CONVERSATIONS OF DONKEY AND RABBIT (Ildikó Enyedi)
08:37 DISCONNECT (Annemarie Jacir)
12:05 DON’T LOSE HEART – A LETTER TO YORGOS (Nanouk Leopold)
17:24 FAMILY (Teona Strugar Mitevska)
21:03 THE INFINITE CONFINEMENT (Victor Moreno)
25:57 MY INFLUENCES (Albert Serra)