goEast Symposium: Filmerbe der Umbruchszeit

Mittel- und Osteuropa 1985–1999

Das goEast Symposium 2020 widmet sich der Zeit zwischen Perestroika, Mauerfall und Jahrtausendwende. Zu dieser Zeit entsteht in Mittel- und Osteuropa ein ganz anderes Lebensgefühl: Mit großer künstlerischer Freiheit und dem Willen zur Korrektur gesellschaftlicher Missstände knüpfen die Filme an erste zivilgesellschaftliche Bewegungen an, loten filmische Formen subversiv aus und widmen sich bis dahin tabuisierten Themen: neben der Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit, der Katastrophe in Tschernobyl und den Jugoslawienkriegen auch der sexuellen Freizügigkeit und subkulturellen Milieus. Die Filmkunst, die wie kaum eine andere Kunstform den gesellschaftlichen Wandel des gesamten ehemaligen Ostblocks dokumentiert, ist mittlerweile vom Verschwinden bedroht, die Archivierung lückenhaft. Das Publikum ist eingeladen, das Filmerbe der Umbruchszeit mit Vorträgen und Filmprogramm im Kino des DFF neu zu entdecken.

Ticketinfo Vorträge und Diskussionen: Die Veranstaltungen sind kostenlos. Tickets können telefonisch (+49 69 961 220 – 220, 12-18 Uhr) oder per Email (goEast-info@dff.film) reserviert werden. Reservierte Tickets müssen bis eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn an der Kinokasse abgeholt werden. Danach sind nur noch eventuelle Restkarten verfügbar.

Filmstill aus den Film Symposium. Zwei Männer befinden sich auf dem Kragen einer Statur, die an einem Kran hängt. Die Statur stellt den russischen Politiker und kommunistischen Revolutionär Lenin sah.

Das goEast Symposium wird gefördert von:

Vortragsprogramm 25.–27. Juli

Samstag, 25. Juli

10:00 Uhr: Der Osten, der Film und das Archiv – Filmkultureller Umbruch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa nach 1989 und sein ungesichertes Filmerbe
Vortrag von den Symposiumsleiterinnen Prof. Dr. Schamma Schahadat und Dr. Margarete Wach
Mehr Infos

11:00 Uhr: Brüche und Zusammenhänge im Kino der Perestroika: Von Moskau nach Almaty und zurück?
Online-Vortrag von Prof. Dr. Birgit Beumers mit anschließender Fragerunde per Videokonferenz
Mehr Infos

12:30 Uhr: Neue Themen, neue Formen: Umbruch im mittel- und osteuropäischen Film der 1990er Jahre
Podiumsdiskussion
Mehr Infos

Sonntag 26. Juli

10:00 Uhr: Transformation durch permanente Krise: Filmmarkt und begrenzte öffentliche Förderung in der polnischen Kinematografie der 1990er Jahre
Vortrag von Dr. habil. Marcin Adamczak
Mehr Infos

11:00 Uhr:Von sozialen Dramen, emotionalisierenden Geschichtspolitiken und kriegsverherrlichenden Ethnonationalismen: (Post)Jugoslawisches Kino (1985–1999) im Dienst der nationalistischen Ideologien
Vortrag von Borjana Gaković
Mehr Infos

12:30 Uhr: Filmerbe zwischen institutionellem Zerfall und freiem Produktionsmarkt
Podiumsdiskussion
Mehr Infos

Montag, 27. Juli

10:00 Uhr: Feminismus vor Gericht: Verhandlung von Geschlechterrollen im osteuropäischen Kino nach 1989
Online-Vortrag von Dr. Elżbieta Ostrowska mit anschließender Fragerunde per Videokonferenz
Mehr Infos

11:00 Uhr: Räume des slowakischen Films in den 1990er Jahren
Online-Vortrag von Dr. Jana Dudková mit anschließender Fragerunde per Videokonferenz
Mehr Infos

12:30 Uhr: Resümee & Ausblick

Freitag  24.07.2020

15:00 Uhr

TO VLEMMA TOU ODYSSEA

Der Blick des Odysseus. Griechenland/Frankreich/Italien/Deutschland 1995. R: Theo Angelopoulos. 176 Min. 35mm. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Auf der Suche nach verschollenen Filmrollen der Brüder Manaki, die 1905 den ersten griechischen Film gedreht haben, kommt ein seit Langem in den USA lebender Regisseur in seine Heimat zurück. Wie einst Odysseus irrt er durch ein ihm fremd gewordenes Europa, das sich im politischen Umbruch der Wendezeit befindet. Er landet im von Serben belagerten Sarajevo, wo der Archivar des Filmmuseums drei Rollen der Manaki-Brüder versteckt. Inmitten der Kriegszerstörung findet er die Negative aus vergangener Zeit. Eine surreal anmutende, bisweilen visionäre Kinomeditation, die eine individuelle Geschichte mit Zeit- und Filmgeschichte verschränkt.

18:30 Uhr

PARALLELES KINO/NEKROREALISMUS

Sowjetunion 1985–1988. R: Igor & Gleb Aleinikov, Yevgeny Kondratjev, Yevgeny Yufit. 41 Min. 35mm & DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

ZHESTOKAYA BOLEZN MUZHCHIN Die brutale Krankheit der Männer
Bilder von Häuserblöcken, Rohren, Gleisen, begleitet von atonaler Musik, demontieren sowjetische Heldenmythen. Anstelle des Aufbaus des Sozialismus wird eine fragmentierte Industrielandschaft gezeigt, und der „Held der Arbeit“ hat sich in einen Leichnam, eine Puppe, einen Feigling verwandelt.
NANAYNANA
Dadaistisch, avantgardistisch, futuristisch? NANAYNANA ist eine Attacke auf unsere Sehgewohnheiten. Der Film greift die Ästhetik des frühen Stummfilms auf und kombiniert diese mit experimentellen Formen der frühen Avantgarde. Bilder, Wörter und Körper(teile) ergeben ein absurdes Gesamtkunstwerk.
VESNA Frühling
FRÜHLING gilt als Manifest des Nekrorealismus. Dieser setzt der sozrealistischen Verherrlichung des Lebens die Präsentation des Todes entgegen und verweist so auf das Ende des Systems. Eine eigentliche Handlung bietet der Stummfilm nicht; dafür groteske Körper, exaltierte Gesten und die Eise

20:00 Uhr

SERGEY DVORTSEVOY: KURZE DOKUMENTARFILME

Kasachstan/Russland 1995–1998. R: Sergey Dvortsevoy. 77 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit


SCHASTYE Glück
Porträt des einfachen Lebens der Nomaden in Dvortsevoys Heimat Kasachstan, in dem alles ewig erscheint und nichts sich verändert. Eine Frau bereitet Teig zu. Ein Kind sitzt mit verschmiertem Gesicht auf dem Boden. Einem Kamel wird ein Seil durch die Nase gezogen. Sieht so das Glück aus?
KHLEBNYY DEN Brottag
Ein verlassenes Dorf in der Nähe von Sankt Petersburg. Auf einem Abstellgleis wird ein Waggon mit Brot abgestellt und ins Dorf geschoben. Die sozialen Kontakte ordnen sich um dieses immer wiederkehrende Ereignis an: das gemeinsame Schieben des Waggons, die Gespräche beim Verkauf des Brotes.

22:15 Uhr

ZÁHRADA

Der Garten. SK/CZ/FR 1995. Martin Šulík. 99 Min. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium: Filmerbe der Umbruchszeit

Als Jakub, Mittdreißiger und Lehrer, von seinem Vater aus der Wohnung geworfen wird, zieht er in das verfallene Landhaus seines toten Großvaters. Hier findet er ein altes, spiegelverkehrtes Tagebuch, das eine alternative, eng mit dem Garten verbundene Schöpfungsgeschichte erzählt. In seinem verwunschenen Garten tauchen biblische und historische Wiedergänger auf, die ihm ihre Weisheiten verkünden, dazu die Mariengestalt Helena. Jakub erfährt eine innere Verwandlung, bricht alte Verbindungen ab und findet seinen inneren Frieden. DER GARTEN ist ein märchenhafter, ruhiger Film in der Tradition der tschechoslowakischen Neuen Welle.
Vorfilm: MUŽNÉ HRY Männerspiele
Was könnte hier wohl gemeint sein? Fußball, natürlich! Poster an der Wand, Männer auf dem Spielfeld oder auch nur im Fernsehen. Und währenddessen macht der Zuschauer es sich mit einem Bier und ein paar Keksen (!) gemütlich... Ein witziger Film über Männerträume, für Fußballhasser.

Samstag  25.07.2020

16:00 Uhr

NACHRICHTEN AUS DEM UNTERGRUND. DOKUMENTARISCHE KURZFILME AUS POLEN

Polen 1978–1992. R: Marcel Lozinski, Pawel Lozinski, Józef Robakowski. 93 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit


MIEJSCE URODZENIA Geburtsort
Der Schriftsteller Henryk Grynberg, 1967 wegen einer antisemitischen Kampagne des Parteiapparates in die USA emigriert, kehrt in sein Heimatdorf zurück, wo sein Vater während des Krieges erschlagen und anonym verscharrt wurde. Die Reise in die Vergangenheit offenbart das Fortwirken des Antisemitismus.
Z MOJEGO OKNA Aus meinem Fenster
Ende der 1970er Jahre bezieht Robakowski eine Hochhauswohnung im 'Manhattan' genannten Lódzer Neubauviertel. Vom Küchenfenster beobachtet er den Platz zwischen den Wohnblocks und einer Straße. Seine Antigeschichte der Solidarnosc- und Wendezeit endet, als dort ein Hotelgebäude errichtet wird.
SWIADKOWIE Die Zeugen
Rekonstruktion des Pogroms von Kielce 1946, dem 42 Holocaust-Überlebende aus einem Übergangsheim zum Opfer fielen und bei dem weitere 40 schwer verletzt wurden. Illegal auf Super 8 gedreht, bricht der Untergrundfilm eines der bestgehüteten Tabus der Volksrepublik Polen.

18:30 Uhr

AZ ÉN XX. SZÁZADOM

Mein 20. Jahrhundert. Ungarn/Deutschland 1989. R: Ildikó Enyedi. 105 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Im Gleichklang mit Edisons Erfindung des elektrischen Lichts erblicken die Zwillingsschwestern Dóra und Lili das Licht der Welt. Während der Kindheit getrennt, halten sie auf unterschiedlichen Pfaden mit dem neuen Jahrhundert Schritt: Lili als Anarchistin, Dóra als Schwindlerin. Ihre Wege kreuzen sich immer wieder, zumal beide eine Affäre mit demselben geheimnisvollen Aristokraten haben. In seiner Vorstellung verschmelzen sie zu einer Person, der perfekten Frau. Enyedis allegorische Zeitreise zu den Ursprüngen des 20. Jahrhunderts zeichnet in ironischen Brechungen Stationen zweier Lebenswege als Verweise auf nicht eingelöste Zukunftserwartungen nach.

20:45 Uhr

ROZPAD

Der Zerfall. Sowjetunion/USA 1990. R: Mykhailo Bielikov. 96 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Der Film beginnt harmlos, mit spätsowjetischem Charme und Freunden in Feierlaune. Plötzlich ertönen überall Sirenen. Es ist der 26. April 1986, Tschernobyl, der Reaktor ist explodiert. Während Menschen die Stadt verlassen und das Schreckenswort „Strahlung“ von Mund zu Mund wandert, drohen, lügen und vertuschen die offiziellen Stellen. Bilder aus Kiew, das sich für ein Radrennen rüstet, stehen neben solchen, die das Ende einer Stadt und den Zerfall eines Landes ankündigen. Nur langsam verstehen die Menschen, was passiert. Die gefeierte HBO-Serie CHERNOBYL ließ sich u.a. von diesem erstaunlich kritischen Perestroika-Film inspirieren.

22:45 Uhr

HOLOD 33

Hunger 33. Ukraine 1991. R: Oles Yanchuk. 93 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Die Roten ziehen durchs Land und nehmen den Bauernfamilien, was sie noch an Essbarem haben. Bilder von Hunger, Tod und Gewalt wechseln einander ab, in Farbe, Schwarz-Weiß, Sepia. Im Zentrum steht eine Bauernfamilie, die versucht, Widerstand zu leisten. Durch ihr Schicksal erleben wir den „roten Hunger“, das „nackte Leben“: leere Augen, hungrige Gesichter, lebende Tote. Dabei wechseln Visionen einer satten Vergangenheit und Bilder einer hungrigen Gegenwart einander ab. HUNGER 33 behandelt eines der dunkelsten Kapitel und großen Tabus sowjetischer Geschichte: den Holodomor, die Hungersnot in der Ukraine 1932–33, die Millionen von Menschen das Leben kostete.

Sonntag  26.07.2020

16:00 Uhr

CHEKIST

Der Tschekist. Russland/Frankreich 1992. R: Aleksandr Rogozhkin. 90 Min. 35mm. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Russland, kurz nach der Revolution. Es dauert nur Sekunden, Menschen zum Tode zu verurteilen. Andrey Srubov, Leiter der neu gegründeten Geheimpolizei einer russischen Provinzstadt, lässt sie alle erschießen – Popen, Frauen, die Bourgeoisie. Wie Tiere werden sie hingerichtet, doch die Tiere sind die anderen: jene, die schießen, die Leichen wegschleppen und verscharren. Srubov versucht, die Exekutionen philosophisch zu begründen und verliert dabei allmählich den Verstand. DER TSCHEKIST war der erste Perestroika-Film über die Verbrechen der Bolschewiki. Schonungslos, kalt, fast dokumentarisch.

18:30 Uhr

OKRAINA

Randbezirk. Russland 1998. R: Pyotr Lutsik. 95 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Das friedliche Dasein eines Bauern endet, als sich eine Gruppe zwielichtiger Männer brutal seines Landes bemächtigt, um das dortige Ölvorkommen auszubeuten. Daraufhin trommelt er einige seiner mürrischen Nachbarn zusammen, die sich die Übeltäter vornehmen und eine tödliche Spur der Verwüstung hinterlassen. Der Showdown führt sie nach Moskau, in das alte neue Machtzentrum. In symbolischen bis surrealen Schwarz-Weiß-Bildern zielt das wortkarge Roadmovie auf den Raubkapitalismus der Jelzin-Ära und die verwestlichte russische Filmindustrie, indem es visuell an die Tradition des sowjetischen Vorkriegsfilms anknüpft und ironisch seinen Propagandacharakter umcodiert.

20:45 Uhr

PSY

Hunde. Polen 1992. R: Wladyslaw Pasikowski. 110 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Kurz nach der Wende gliedert man eine Gruppe von ehemaligen Stasi-Agenten in den Polizeidienst ein. Franz Maurer, der seine Geheimdienstkarriere der Ehe mit der Tochter eines Politbüro-Mitglieds verdankt, verliert im Einsatz gegen die Automafia drei Männer. Bald wird klar, dass hinter der brutalen Ermordung der Polizisten nur seine Ex-Kollegen stecken können, deren Auftraggeber über dem Gesetz zu stehen scheinen. Sein Rachefeldzug gegen die korrupte und zynische Mitwelt generiert eine Allegorie der postkommunistischen Verhältnisse, die den bilderstürmerischen und provokativen Mafia-Thriller zum Publikumsschlager eines Kinos der „unmoralischen Unruhe“ machte.

Montag  27.07.2020

16:00 Uhr

PRED DOZHDOT

Vor dem Regen. Mazedonien/Großbritannien/Frankreich 1994. R: Milcho Manchevski. 113 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

London und Mazedonien werden zu Schauplätzen dreier Liebesgeschichten, deren Figuren ein junger Mönch, eine engagierte Bildredakteurin und ein desillusionierter Kriegsfotograf sind. In drei miteinander verwobenen Kapiteln wird die unbarmherzige Natur des Krieges erforscht, der alle Beteiligten durch unlösbare Konflikte in den Abgrund zieht. Die Titel der Episoden, „Words“, „Faces“ und „Pictures“, spielen auf kulturelle Verständigungsbarrieren sowie Fotos einer Exekution an und somit auf die ambivalente Rolle der Medien im Krieg. Nur dank seiner Form gelingt es dem rückwärts erzählten Episodenfilm, die tödliche Spirale der Gewalt zu durchbrechen.

18:30 Uhr

KAKO JE PROPAO ROCKNROL

Wie Rock'n'Roll ruiniert wurde. Jugoslawien 1989. R: div. 98 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Drei voneinander unabhängige Musikkomödien mit absurdem Humor bilden einen Omnibusfilm, der die spätjugoslawische Untergangs- und Aufbruchsatmosphäre einfängt: Junge Rebellen und ein Jugo-Ninja. Dracula, eine verführte Unschuld, und dann die ewige Liebe. Eine Schneiderin, ein eifersüchtiger Ehemann und geheime Briefe. Und überall Musik: Volksmusik, Rock'n'Roll, Punkrock, Rap. Die Musik und ein Übermaß an popkulturellen Zeichen sind Ausdruck inoffizieller Subkulturen, ohne jedoch politisch zu sein. Ganz im Gegenteil – den Protagonist/innen dieser Filme geht es im Wesentlichen um sich selbst, um ein unbeschwertes, musikalisches Lebensgefühl.

20:45 Uhr

GRAHAM I JA – ISTINITA PRICA

Graham und ich – Eine wahre Geschichte. Kroatien/Schweden/Belgien 1997–2006. R: Nenad Puhovski. 52 Min. DCP. engl. OF
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Ein junger Engländer, ein jugoslawischer Filmemacher, der Krieg in Bosnien. Graham zündet sich vor dem britischen Parlament an, als Protest gegen den Umgang mit diesem Krieg. Nenad Puhovski verwebt in seinem eindrücklichen Anti-Kriegsfilm den Weg Grahams mit seiner eigenen jugoslawischen Biographie.

22:15 Uhr

AS, GRAFINJATA

Ich, die Gräfin. Bulgarien 1989. R: Petar Popzlatew. 119 Min. 35mm. Omd/eU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Im Sommer 1968 finden in Sofia die Weltfestspiele der Jugend und Studenten statt. Sie dienen dem Schiwkow-Regime als Aushängeschild vorgeblicher Liberalität. Einige Jugendliche, darunter Sybille, auch „die Gräfin“ genannt, testen dabei ihre Vorstellungen der deklarierten Freiheit mit Popmusik und Drogen aus, bis eine Polizeirazzia dem kurzen Aufbruch ein Ende setzt. Für Sybille, die verhaftet wird, beginnt eine leidvolle Odyssee durch staatliche Resozialisierungsanstalten: Umerziehungsheime, Arbeitslager, Gefängnis und Psychiatrie. Mit seiner Farbdramaturgie und seinen Tabubrüchen demaskiert der bulgarische Kultfilm die totalitäre Bevormundung der Gesellschaft.

Dienstag  28.07.2020

18:00 Uhr

OKRAINA

Randbezirk. Russland 1998. R: Pyotr Lutsik. 95 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Das friedliche Dasein eines Bauern endet, als sich eine Gruppe zwielichtiger Männer brutal seines Landes bemächtigt, um das dortige Ölvorkommen auszubeuten. Daraufhin trommelt er einige seiner mürrischen Nachbarn zusammen, die sich die Übeltäter vornehmen und eine tödliche Spur der Verwüstung hinterlassen. Der Showdown führt sie nach Moskau, in das alte neue Machtzentrum. In symbolischen bis surrealen Schwarz-Weiß-Bildern zielt das wortkarge Roadmovie auf den Raubkapitalismus der Jelzin-Ära und die verwestlichte russische Filmindustrie, indem es visuell an die Tradition des sowjetischen Vorkriegsfilms anknüpft und ironisch seinen Propagandacharakter umcodiert.

Mittwoch  29.07.2020

18:00 Uhr

AZ ÉN XX. SZÁZADOM

Mein 20. Jahrhundert. Ungarn/Deutschland 1989. R: Ildikó Enyedi. 105 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Im Gleichklang mit Edisons Erfindung des elektrischen Lichts erblicken die Zwillingsschwestern Dóra und Lili das Licht der Welt. Während der Kindheit getrennt, halten sie auf unterschiedlichen Pfaden mit dem neuen Jahrhundert Schritt: Lili als Anarchistin, Dóra als Schwindlerin. Ihre Wege kreuzen sich immer wieder, zumal beide eine Affäre mit demselben geheimnisvollen Aristokraten haben. In seiner Vorstellung verschmelzen sie zu einer Person, der perfekten Frau. Enyedis allegorische Zeitreise zu den Ursprüngen des 20. Jahrhunderts zeichnet in ironischen Brechungen Stationen zweier Lebenswege als Verweise auf nicht eingelöste Zukunftserwartungen nach.

Donnerstag  30.07.2020

18:00 Uhr

KAKO JE PROPAO ROCKNROL

Wie Rock'n'Roll ruiniert wurde. Jugoslawien 1989. R: div. 98 Min. DCP. OmeU
Filmreihe: goEast Symposium. Filmerbe der Umbruchszeit

Drei voneinander unabhängige Musikkomödien mit absurdem Humor bilden einen Omnibusfilm, der die spätjugoslawische Untergangs- und Aufbruchsatmosphäre einfängt: Junge Rebellen und ein Jugo-Ninja. Dracula, eine verführte Unschuld, und dann die ewige Liebe. Eine Schneiderin, ein eifersüchtiger Ehemann und geheime Briefe. Und überall Musik: Volksmusik, Rock'n'Roll, Punkrock, Rap. Die Musik und ein Übermaß an popkulturellen Zeichen sind Ausdruck inoffizieller Subkulturen, ohne jedoch politisch zu sein. Ganz im Gegenteil – den Protagonist/innen dieser Filme geht es im Wesentlichen um sich selbst, um ein unbeschwertes, musikalisches Lebensgefühl.